Ring. Das Telefon klingelt. Emilie ist dran. Sie ruft in den Hörer: „Essen ist fertig. Kommt ihr?“ Antwortet ihr Sohn: „Aber Mutter, es ist mitten in der Nacht.“

Was ist bloß mit Emilie los?

K wie Kochen – damit beginnt Emilies Demenz-Geschichte. Bild: Uli Zeller
(Demenz Bücher).

Diese Episode ereignete sich in den letzten Lebensjahren von Emilie.

Sie litt an einer Demenz1 und zog ins Pflegeheim2.

Aber sie blieb lange empfänglich für Geschichten aus ihrem Leben.

Und manchmal lichteten diese Geschichten sogar die Wolken, die über ihrer Erinnerung hingen.

Überblick über diesen Artikel

Ich vergleiche jetzt in diesem Artikel Demenz mit Wolken in der Landschaft. Sie erfahren innerhalb von 11 Minuten, wie eine Geschichte aus dem eigenen Leben für Emilie zum Sonnenstrahl wurde – dabei gehe ich auch auf verschiedene Formen und Symptome einer Demenz ein. Zum Schluss bekommen Sie noch eine Liste mit Ideen. Damit Sie mit den Sinnen Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen die Wolken vertreiben können. Als Zugabe finden Sie ganz unten noch die Vorlesegeschichte „Frau Braun steigt übern Zaun“.

Demenz-Geschichten durchdringen Wolken

Kennen Sie das?

Im Moment sehen Sie nur Nebel und Wolken.

Doch was ist dahinter?

Ein Berg?

Ein See?

Eine Stadt?

Sie wissen es nicht.

So ähnlich ist es bei einer Demenz. Jener Zustand, von dem in Deutschland derzeit 1,8 Millionen3 Menschen betroffen sind. Tendenz steigend4 (siehe folgende Grafik).

S wie steigende Tendenz. Die Anzahl von Menschen mit Demenz steigt. Über Demenz Geschichten sind sie aber noch erfreulich lange erreichbar. Wie Emilie. Bild: Uli Zeller (Demenz Bücher).

Zurück zu Emilie…

Emilie hat mir gezeigt, welches Potenzial Geschichten für Menschen mit Demenz haben.

Wollen Sie mehr dazu wissen?

Dann bleiben Sie dran.

Die Demenz war wohl die letzte große Kränkung in Emilies Leben, nachdem ihr der Krieg die Jugend genommen hat und später ihr Ehemann5 Fred verstorben ist – nach 57 Ehejahren.

Als Emilie 87 Jahre alt war, habe ich sie kennengelernt.

Bei uns im Pflegeheim.

In ihren letzten 5 Lebensjahren habe ich sie erlebt.

5 von 92 Lebensjahren.

Ich habe eine lebensfrohe Dame vor mir gesehen.

Eine Frau, die sich den Lebensmut nicht nehmen lässt.

Eine, die zwar zum zehnten oder elften Mal an diesem Tag fragt:

„Wo geht es in mein Zimmer?“

Oder, wie Psychiater Christoph Held6 das Erleben einer Frau mit Demenz zusammenfasst:

„Ich bin nicht ich.“

Aber hinter den Wolken war mehr zu spüren:

Lebensfreude, Offenheit – und ein schelmischer Humor.

Jetzt könnte man erzählen, was alles in Emilies alten Tagen schief gelaufen ist: Stürze, Missgeschicke, Überforderung – Umzug ins Pflegeheim.

Doch ich möchte ermutigen. Darum soll es um Emilies Wesen hinter der Wolkenwand gehen. Um das verschmitzte Lächeln in ihrem Gesicht, das den Blick durch die Wolken manchmal geöffnet hat.

Wie kann man die Wand durchdringen – und Glücksmomente bei Betroffenen wecken?

Emilie hat kein Blatt vor den Mund genommen. Ihr schelmisches Lächeln sagte: In mir geht mehr vor, als du denkst.

Auch noch interessant zu wissen:

Was ist typisch für eine Demenz?

Typisch für eine Demenz ist ja, dass kürzlich Erlebtes vergessen wird. Was man aber früher erlebt hat, ist dagegen noch sehr präsent.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn eine alte Dame den Namen ihres Hundes nicht mehr nennen kann – aber wenn sie ihn streichelt, murmelt sie den Namen des Hundes ihrer Kindheit.

Wie man durch Anregen der Sinne Erinnerungen ankurbeln und die Demenz-Wolken vertreiben kann, darauf komme ich nachher zurück.

Typisch auch: Zwei Drittel7 der dementen Menschen sind Frauen (siehe Bild). Zur Beschäftigung für demenzkranke Männer habe ich einen eigenen Beitrag geschrieben.

D wie Drittel. Zwei Drittel der dementen Menschen sind Frauen – wie Emilie. Über Demenz Geschichten sind viele noch gut erreichbar.
Bild: Uli Zeller (Demenz Bücher).

Eine Demenz-Geschichte erinnert Emilie an ihr Leben

Ihr Sohn hat einmal von einer Geschichte aus Emilies Leben berichtet. Ich habe diese Episode etwas ausgeschmückt – und sie ihr immer wieder in anderen Variationen erzählt.

Selbst während ihrer fortgeschrittenen Demenz.

Sie hat mich immer wieder aus ihren großen blauen Augen angeschaut.

Es fühlte sich an, als wenn sie plötzlich wieder kurz jung geworden wäre:

Da lichten sich die Wolken gerade etwas.

Sie scheint genau zu wissen, um wen es hier geht.

Sie weiß, dass das eigentlich ein Schwank aus ihrem Leben ist.

Die Geschichte aus Ihrem Leben habe ich mit dem Titel „Frau Braun steigt übern Zaun“ in mein gedrucktes Buch „Applaus für Doktor Klaus“ und ins gleichnamige E-Book aufgenommen.

Hier die Zusammenfassung:

P wie Portrait. Emilie war während ihrer Demenz noch lange über Demenz Geschichten erreichbar. Bild: Uli Zeller (Demenz Bücher).

„Frau Braun steigt übern Zaun“

Früher hatte Frau Braun einen Nachbarn, den Herrn Semmelmaier.

Eines Tages rief ihr Nachbar über den Zaun:

„Ihre Brennnesseln sind ja schon höher als unser Gartenzaun. Die könnten Sie ruhig einmal abschneiden.“ Herr Semmelmaier schimpfte noch weiter.

Da reichte es Frau Braun.

Sie stieg über den Gartenzaun.

Und dann passierte es…

Was genau ist passiert?

Das erfahren Sie in meinem gedruckten Buch bzw. E-Book. Das Buch ist ein Sammelband, in dem Sie noch viele weitere meiner Vorlesegeschichten finden.

Uli Zellers Vorlesebuch enthält viele Geschichten und Aktivierungsideen für Menschen mit Demenz.
Applaus für Doktor Klaus“ – Demenz-Geschichten von Uli Zeller können Sie hier bestellen.

So viel verrate Ich Ihnen jetzt schon:

Folgendes spielte im weiteren Verlauf der Geschichte eine Rolle:

Eine Ohrfeige.

Ein Polizist.

Fünf Mark.

Und eine unerwartet schlagfertige Antwort.

Das Erlebnis hat „Frau Braun“ in Rage gebracht.

Ein Gefühl, das auch im Alter noch hoch kam.

Mehr als nur eine Geschichte bei Demenz

Ich habe beim Erzählen dieser Geschichte auch gerne die seelsorgerliche Komponente genutzt. Zum Beispiel ging es dann so weiter:

Inzwischen ist Frau Braun eine alte Frau.

Vieles hat sie vergessen.

Aber ihren Nachbarn Semmelmaier, den hat sie nicht vergessen.

Wenn sie an den denkt,

steigt immer noch der Zorn von früher in ihr hoch.

Neulich hat ihr mal jemand gesagt:

„Ärger dich nicht länger über die alten Geschichten.

Das ist ungesund!

Den alten Semmelmaier kannst du nicht ändern.

Aber du kannst ihm vergeben.“

Übrigens:

Ganz unten finden Sie die komplette Geschichte mit dem Titel „Frau Braun steigt übern Zaun“.

Aber:

Springen Sie noch nicht bis ans Ende.

Vorher erkläre ich Ihnen noch etwas.

Dann funktioniert es noch besser mit dem Vorlesen.

Denn wussten Sie schon, dass man beim Vorlesen auch andere Sinne als das Hören einbeziehen kann?

S wie Sonne. Demenz Geschichten können die Wolken der Demenz lichten.
Bild: Uli Zeller (Demenz Bücher).

Sonne vertreibt Wolken der Demenz

Geschichten vorgelesen zu bekommen, gehört oftmals zu den schönsten Kindheitserinnerungen – und Vorlesen kann auch Vertrauen schaffen.

Darauf weist beispielsweise Johanna Radenbach8 hin.

Weiter betont sie, dass es helfen kann, den Zuhörern Bilder zum Text zu zeigen – oder sie an Gegenständen tasten zu lassen.

In der Geschichte „Frau Braun steigt übern Zaun“ könnten Sie zum Beispiel ein Bild von einem Garten, einem Gartenzaun oder einem Polizisten zeigen.

Als Gegenstand bei der Geschichte mit Frau Braun und dem Polizisten habe ich Emilie einmal an einem 5-Mark-Stück tasten lassen.

Wie gesagt, spielten 5 Mark eine Rolle in dem Erlebnis.

Falls Sie keine alte Münze auftreiben können, ginge sicher auch ein 5-Euro-Schein oder ein 2-Euro-Stück. Dies regt sie Sinne an.

Doch welche weiteren Möglichkeiten gibt es, mit Fühlen, Riechen, Schmecken, Sehen und Hören die Wolken zu vertreiben?

Bevor ich darauf eingehe, ein kurzer Überblick.

Was sind Symptome einer Demenz?

Die häufigste Form (Morbus Alzheimer) beginnt in der Regel schleichend.

Probleme mit dem Datum, dem Erinnern kurz zurückliegender Ereignisse oder Absprachen tauchen auf.

Orientierung in unbekannter Umgebung fällt schwer.

Die vaskuläre Demenz (betrifft die Blutgefäße) verschlechtert sich dagegen eher plötzlich und in Schüben.

Neurologische Symptome wie leichte Lähmungen, Sprachstörungen oder ein hängender Mundwinkel können auftreten.

Bei anderen Formen9 (Lewy-Körper-Demenz) kann es zu optischen Halluzinationen kommen.

Oder zu ausgeprägten Persönlichkeitsveränderungen (Frontotemporale Demenz).

Eine Demenz-Geschichte – erzählt für alle Sinne

Bleiben wir nicht bei Emilie stehen.

Dieser Beitrag soll ja Ihnen im Umgang mit dem Ihnen anvertrauten Menschen helfen.

Wie können Sie die Sonnenstrahlen verstärken?

Eine Möglichkeit: die Sinne.

Sehen.

Hören.

Riechen.

Schmecken.

Tasten und Fühlen.

Lassen Sie mich Ihnen das am Beispiel von Emilie erzählen.

Und dann einige konkrete Ideen liefern.

Einige Tatsachen, die ich  über Emilie herausgefunden habe:

D wie „Demenz“. Auf einer Schreibmaschine geschrieben. Demenz Geschichten beziehen sich oft auf das, was Betroffene früher erlebt oder gelernt haben. Bild: Uli Zeller (Demenz Bücher).

Emilies Schwiegertochter hat erzählt, wie gut Emilie auf Bodensee-Themen reagiert hat.

„Das Boot ist jetzt im Wasser“, sagte die Schwiegertochter einmal – und Emilie lächelte.

So eine kleine Geschichte könnte man erzählen – und ein Bild zeigen, ein Seemannslied hören – oder einen Wasserski mitbringen, der angeschaut und betastet werden kann.

Lichtstrahl an – Wolken weg.

Sinne anregen – klare Erinnerungen.

Kombinieren Sie Geschichten mit Sinnesreizen.

Und bringen Sie Omas Augen wieder mal zum Leuchten.

Ein paar Ideen zu den Sinnen

Viele der oben genannten Punkte aus Emilies Leben lassen sich mit den Sinnen des Menschen verstärken.

Hangeln wir uns den Sinnen entlang – mit der Liste von oben im Kopf.

Und entwickeln daraus weitere Ideen.

Übrigens spielen die Sinne auch in der Validation nach Naomi Feil eine wichtige Rolle.

Zunächst die Augen:

I. Sehen

Bringen Sie Ihr Gegenüber mit einem Hund in Kontakt.

Zeigen Sie ihm einen Motorroller.

Oder eine Schreibmaschine.

Sie können auch Bilder von diesen Dingen mitbringen.

Zum Beispiel als Foto oder auf einem Kalender.

Wie wäre es mit Bildern auf dem Tablet oder einem elektronischen Bilderrahmen?

Probieren Sie es mit einer Bildersammlung mit Aufnahmen.

In Emilies Fall vom Bodensee, von einem Segelboot oder vom Wasserskifahren.

In Ihrem Fall vielleicht vom Beruf, Hobby oder vom Urlaub Ihres Gegenübers.

Wenn Sie Bilder vom Ehepartner zeigen, wäre ein Bild aus der Zeit perfekt, in denen das Ehepaar frisch verliebt war

(Außer bei einer arrangierten Ehe nach dem Motto „Liebe vergeht – Hektar besteht“.)

Bei Bildern von den Eltern wären Fotos aus der Zeit perfekt, als die Kinder noch klein waren.

Zeigen Sie Fotos von den Kindern, am besten Fotos aus den ersten Lebensjahren.

In einer Podcastfolge „Hirn & Heinrich“ (Folge 39)10 erzählt Fotograf Hauke Dressler von einer Reise mit seinem dementen Vater an den Polarkreis.

Bilder11 und das Sehen spielen bei der Reise eine große Rolle.

II. Hören

Emilie war bis zuletzt noch sehr gut über akustische Reize erreichbar.

Seemannslieder brachten ihre Augen zum Strahlen.

Ihre Schwiegertochter erzählt, dass sie eines Tages, als die Demenz schon fortgeschritten war, mit Emilie auf ihren geliebten Campingplatz gefahren ist.

Zahlreiche Dauercamper waren da.

Emilie hat ihre Stimmen erkannt.

Alle.

Man kannte sich von früher.

Sie hatte die Leute, die zu den Stimmen gehört haben, nicht mehr gesehen.

Seit Jahren.

Doch – kaum hörte sie diese, sagte sie:

„Hallo Martin.“

Oder: „Ah, die Johanna ist auch da.“

Auf welche Hör-Impulse könnte Ihr Angehöriger reagieren? Hat sie oder er vielleicht auch Shantys geliebt? Oder andere Lieder? Schlager oder Volkslieder? Rock oder Pop? Klassik oder Jazz?

Oder probieren Sie es einmal mit Redensarten.

Sagen Sie den Anfang einer Redensart vor:

„Wer andern eine Grube gräbt…“

Vielleicht ergänzt Ihr Gegenüber:

„… fällt selbst hinein.“

Übrigens: Der Poetry-Slammer Lars Ruppel hat den Begriff „Weckworte“12 populär gemacht. Bei ihm geht es auch um das Thema Demenz.

Der Demenz-Podcast widmet dem Hörsinn eine ganze Folge (Folge 5)13.

III. Riechen

Geruch und Geschmack können direkt Erinnerungen im Gehirn anstoßen.

G wie Geruch. Der Geruch eines Motorrollers – gerne in Kombination mit Demenz Geschichten – kann Erinnerungen wecken. Bild: Uli Zeller (Demenz Bücher).

Es knattert und raucht.

Ein Motorroller fährt vorbei.

Der Geruch nach dem Benzin-Öl-Gemisch hängt noch in der Luft.

Wenn das bei einem Spaziergang passiert ist, öffneten sich Emilies Augen.

Man spürte:

Aha, hier schieben sich die Wolken zur Seite.

Gehen Sie einmal die Gerüche durch, die das Leben Ihres Gegenübers einzigartig gemacht haben.

Das wird bei einer Hausfrau ganz anders sein als bei einem Malermeister.

Wie wäre es mit einem Schnuppergang durch das Gewürzfach in der Küche?

Oder einem Geruchserlebnis in einer Werkstatt?

Weitere Beispiele sind Massagen mit einem belebenden Öl.

Oder eine Duftlampe mit einer beruhigenden Substanz.

Eine direkte Wirkung14 von Aromatherapie auf Demenz konnte bisher zwar noch nicht nachgewiesen werden.

Aber wer Menschen mit Demenz beobachtet, merkt selbst wie positiv sich Gerüche15 auswirken können.

Können Sie einen Geruch herbei holen?

IV. Schmecken

Emilie liebte Fisch vom Bodensee.

Essen ist nicht nur Schmecken – sondern auch soziale Beziehung zu anderen Menschen.

Hintergrundinformationen zum Essen und Rezepte finden Sie in der „Wohlfühlküche bei Demenz“16.

Was war das Lieblingsessen Ihres Gegenübers?

Haben Rituale dazu gehört?

Beispiel für ein Ritual:

Hat Ihr Gegenüber vor dem Essen immer gebetet?

Das war früher in vielen Familien üblich.

Gab es ein bestimmtes Gebet, das täglich gesprochen wurde?

Beten Sie es doch einmal gemeinsam.

Ein weiteres Ritual:

Etwa der Gang vor dem Essen zum Kräuterbeet im Garten, um Schnittlauch zu ernten.

Vielleicht ist das nicht mehr möglich – aber Sie können stattdessen Kräuter auf dem Fensterbrett säen und gemeinsam ernten.

Suchen Sie eine Geschichte, mit der sie das Schmecken kombinieren können?

Ich empfehle Ihnen die Geschichte „Mit Fritz ist gut Kirschen essen“.

Sie finden diese in meinem Buch „Applaus für Doktor Klaus„.

Und:

Essen Sie vor, während oder nach dem Vorlesen gemeinsam ein paar Kirschen.

V. Fühlen

Emilie hatte früher einen Schäferhund. Wenn ihr Sohn mit seinem Vierbeiner zu Besuch war, war die Freude groß.

Streicheln regt den Tastsinn an und kann Erinnerungen wecken.

Bei Tieren gilt, was bei vielen anderen Beispiele oben auch gilt:

So ein Hund regt gleich mehrere Sinne an.

Man sieht ihn nicht nur.

Emilie streicht ihm übers Fell.

Und streicht zugleich die Wolkenwand von ihrer eigenen Vergangenheit weg.

Vielleicht taucht ihr früher Schäferhund Astor auf.

Übrigens: Wissenschaftler der State University of New York konnten in Buffalo zeigen: Die Liebe zu einem Tier macht stressresistenter17. Fünfzehn Minuten mit einem Hund spielen schüttelt das Glückshormon Dopamin und Serotonin aus und reduziert den Cortisonspiegel. In Gesellschaft eines Hundes ging es den Teilnehmern sogar etwas besser als in Gegenwart eines anderen Menschen.

Erprobte Vorlesegeschichten und Aktivierungen zu allen Sinnen finden Sie hier:

Uli Zellers Vorlesebuch enthält viele Geschichten und Aktivierungsideen für Menschen mit Demenz.
Applaus für Doktor Klaus“ heißt ein Buch mit Demenz Geschichten von Uli Zeller. Sie können es hier bestellen.

Ich hoffe, dass Ihnen dieser Beitrag Mut macht.

Vielleicht haben Sie eine Idee, wie Sie die Wolkenwand im Leben Ihres Menschen mit Demenz vertreiben können.

Bestimmt können Ihnen meine Bücher dazu nützliche Impulse geben.

Die Geschichte über „Frau Braun“ alias Emilie finden Sie in meinem gedruckten Buch „Applaus für Doktor Klaus“, sowie im gleichnamigen E-Book.

Es ist nicht selbstverständlich, dass Angehörige so offen berichten.

An dieser Stelle Danke an Emilies Schwiegertochter und Sohn, die mir über das Leben von Emilie berichtet haben – und danke für die Erlaubnis, Emilies Geschichte mit ihrem richtigen Namen hier zu erzählen.

Durchdringen Sie die Wolken mit Vorlesegeschichten.

Bringen Sie Omas Augen wieder zum Leuchten.

Ihr Uli Zeller

www.zeller-geschichten.de

Zugabe: „Frau Braun steigt übern Zaun“ [Demenz Geschichte]

Frau Braun ist eine alte Frau.

Sie lächelt häufig verschmitzt.

Dann zwinkert sie verstohlen über den Rand ihrer runden Brillengläser.

Früher hatte Frau Braun einen Nachbarn, den Herrn Semmelmaier.

Frau Braun und Herr Semmelmaier waren öfter verschiedener Meinung.

Aus diesem Grund stand auch ein Zaun zwischen beiden Gärten.

Als Frau Braun einmal in ihrem Garten die Blumen goss, rief ihr Nachbar über den Zaun:

„Ihre Brennnesseln sind ja schon höher als unser Gartenzaun.

Die könnten Sie ruhig einmal abschneiden.“

Typisch, dachte sich Frau Braun.

Der könnte doch die Brennnesseln selber ausreißen, wenn sie ihn stören.

Sie stand auf und ging zum Gartenzaun.

„Aber Herr Semmelmaier“, rief sie, „in einem gesunden wachsen eben Brennnesseln. Die sind gut gegen Schädlinge.“

Herr Semmelmaier holte tief Luft und schimpfte:

„Brennnesseltee soll auch gut sein fürs Hirn.

Trinken Sie mal einen.

Vielleicht leuchtet Ihnen dann ein, dass Unkraut die Nachbarschaft belästigt!“

Da reichte es Frau Braun.

Sie hielt sich mit der linken Hand am Gartenzaun fest.

Sie kletterte hinauf.

Sie schwang sich hinüber.

Mit dem rechten Arm holte sie aus.

Mit der flachen Hand schlug sie Herrn Semmelmaier auf die Wange.

Das knallte richtig laut.

Herrn Semmelmaiers Gesicht wurde knallrot.

Seine Wange leuchtete.

Er schüttelte den Kopf und rief zornig:

„Das wird Folgen haben, Frau Nachbarin.

Warten Sie nur ab!“

Er hielt sich die Wange und ging ins Haus.

Am nächsten Tag klingelte bei Frau Braun das Telefon:

„Hallo, hier spricht die Polizei.“

Der Polizist war ein freundlicher Mann.

Er kannte Frau Braun gut – und er kannte auch ihren Nachbarn.

Der Polizist sagte:

„Frau Braun, Ihr Nachbar, der grantige Semmelmaier, hat Sie angezeigt, weil Sie ihn geschlagen haben.

Jetzt muss ich von Ihnen eine Strafe fordern. Ich würde sagen:

Zahlen Sie mir fünf Mark.

Wenigstens fünf Mark muss ich verlangen.“

Frau Braun brachte dem Polizisten die fünf Mark.

Am nächsten Tag war Frau Braun wieder in ihrem Garten und goss ihre Blumen.

Da tauchte Herr Semmel­maier auf.

Er rief: „Jetzt hab ich’s Ihnen aber gegeben, was?

So schnell werden Sie mir keine mehr runterhauen.“

Frau Braun stand auf.

Sie ging zum Nachbarn und meinte:

„Ha, von wegen!

Wenn ich gewusst hätte, dass das so billig ist, hätt ich Ihnen gleich noch eine Ohrfeige verpasst.“

Inzwischen ist Frau Braun eine alte Frau.

Vieles hat sie vergessen, trotz Brennnesseltee.

Aber ihren Nachbarn Semmelmaier, den hat sie nicht vergessen.

Wenn sie an den denkt, steigt immer noch der Zorn von früher in ihr hoch.

Neulich hat ihr mal jemand gesagt:

„Ärger dich nicht länger über die alten Geschichten.

Das ist ungesund!

Den alten Semmelmaier kannst du nicht ändern.

Aber du kannst ihm vergeben.“

Lesen Sie hier weiter:

Quellen zu Demenz Geschichten:

  1. https://www.icd-code.de/icd/code/F00.-*.html ↩︎
  2. https://awo-konstanz.de/dienste-und-einrichtungen/pflege-seniorinnen/pflegeheime/pflegeheim-emil-sraega-haus-in-singen/ ↩︎
  3. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/aeltere-menschen/demenz/nationale-demenzstrategie ↩︎
  4. https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/faktenzentrale/ ↩︎
  5. https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2823632 ↩︎
  6. https://www.nzz.ch/feuilleton/arbeit-mit-demenzkranken-menschen-erfahrungen-eines-psychiaters-ld.1770086 ↩︎
  7. https://content.iospress.com/articles/journal-of-alzheimers-disease/jad180141 ↩︎
  8. https://buecher.schluetersche.de/de/aktiv-trotz-demenz1,570510255.html ↩︎
  9. https://www.reinhardt-verlag.de/51408_wiegele_hilfe_ich_werde_vergesslich/ ↩︎
  10. https://www.dzne.de/aktuelles/podcast/ ↩︎
  11. https://fotografieren-lernen.org/fotos-sichern/ ↩︎
  12. http://larsruppel.de/?page_id=3 ↩︎
  13. https://demenz-podcast.podigee.io/5-neue-episode ↩︎
  14. https://www.cochrane.org/de/CD003150/DEMENTIA_aromatherapie-fur-menschen-mit-demenz ↩︎
  15. https://www.primaveralife.com/news/aetherische-oele-helfen-demenz-patienten ↩︎
  16. https://www.sarah-straub.de/produkt/buch-wohlfuehlkueche-bei-demenz ↩︎
  17. https://www.healthday.com/health-news/exercise-and-fitness/b-6-21-pets-help-their-humans-de-stress-stay-fit-survey-2657533567.html ↩︎

5 Antworten

  1. Super, super schön und rührend geschrieben, da geht einem das Herz auf! Vielen Dank für diesen Blick hinter die Wolken bei einem Thema, das so viele schwere Aspekte hat.

  2. danke für die Idee, dass wir uns alle an die Lichtstrahlen erinnern sollen – das Wort Lichtstrahlen trägt durch den Alltag – es ist so helfend

  3. Ganz herzlichen Dank, das Bild die Wolkenwand und die Sonnenstrahlen die es hindurchschaffen ist sehr schön und anschaulich auch die vielen Beispiele

  4. Hallo die Geschichten sind immer sehr schön. Ich hab schon einige Bücher von ihnen.
    Besonders gefällt mir das Buch Frau Krause macht Pause, den Bezug zu den Bibelversen zu kurzen Geschichten des Alltags finde ich sehr schön. Und hätte die Frage oben davon noch mehr gibt. Ich arbeite in einer Tagespflege eines christlichen Träger und es wurde gewünscht das wie so Geschichten öfter vorlesen. Würde mich über eineantwort sehr freuen

    1. Vielen Dank für die Rückmeldung.

      Ich würde hier die beiden Bücher empfehlen „Frau Franke sagt danke“ (Thema Zuversicht, Dankbarkeit, Ermutigung),

      sowie „Frau Lehmann und der Schneemann“ (Thema Winter und Weihnachten).

      Beide Bücher gibts bei mir.

      Allerdings konnte ich Sie leider mit Ihrer E-Mail kontaktieren, da als Rückmeldung kam „Mailbox nicht verfügbar“.

      Schreiben Sie mir doch nochmal an BestZeller (ad) gmx.net

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