Was hilft bei Demenz?

Und was nicht?

Es sind Menschen wie Frau Arndt, Frau Braun oder Herr Christensen.

Sie alle leiden an einer Demenz.

Ich erlebe diese Menschen.

Und frage mich oft: Was hilft bei Demenz (nicht)?

Dabei

  • mache ich selbst Fehler
  • erlebe ich andere, die Dinge falsch machen
  • habe ich viel zum Thema gelesen, nachgedacht – und hoffentlich daraus gelernt…

Kurzum:

Ich gehe Umwege.

Obwohl ich seit vielen Jahren mit dem Thema Demenz zu tun habe.

Und dabei finde ich (zum Teil immer wieder neu) heraus: Was hilft bei Demenz?

Das Wissen ist dabei oft nicht das Problem.

Sondern das konkrete Anwenden in der jeweiligen Situation.

Darum schreibe ich diesen Beitrag zuerst als eine Art Anleitung für mich.

Um immer wieder einen Punkt heraus zu nehmen.

Und umzusetzen.

Sie können es aber auch als eine Art Abkürzung sehen.

Die Frage also:

Was hilft bei Demenz?

Meine Antwort:

Wenn Sie 52 Fehler nicht machen!

Mir hilft es dabei, nicht alles auf einmal umzusetzen.

Greifen Sie sich eine Sache heraus.

Und sagen:

Mein Haupt-Fehler ist Fehler Nummero #3, #18 oder #51.

Darauf achte ich…

Diesen Text mit den 52 Fehlern können Sie in wenigen Minuten überfliegen. Sie können ihn auch in einer Viertelstunde gründlich gelesen. Aber wichtiger als die Lesezeit ist: Die Worte sollen in Ihnen nachklingen. Sie können im Alltag daran denken. Und dann etwas umsetzen.

Inhalt: Es geht um diese 52 Fehler

P wie Pause.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #1: „Und dann noch zu Luise“

Manche hetzen von einer Aktivität zur anderen. Spaziergang in den Garten, Ausflug zur Greifvogelschau – und am Abend noch ein Konzert. Dazwischen Schwester Luise besuchen, ein Spiel spielen und im Restaurant essen. Menschen mit Demenz strengen viele Aktionen oft an. Besser ist, jeden Tag eine Aktion zu planen – und den Tag drumrum entspannt angehen zu lassen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #2: Setzen Sie auf Fakten!

Menschen mit Demenz leben stark in ihren Gefühlen. Sie drücken diese direkt aus. Ihr Gehirn bremst sie dabei nicht. Sei es Ärger, Freude oder Trauer. Nehmen Sie diese Gefühle ernst. Zeigen Sie Wertschätzung. Argumentieren Sie aber nicht mit Fakten „Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen. Denn es ist doch nicht so schlimm, wenn du mal eine halbe Stunde alleine bist.“ Besser: „Ich sehe, du bist aufgeregt. Aber ich bin jetzt da. Willst du mit mir eine Runde spazieren gehen? Das tut gut.“

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #3: Korrigieren Sie!

„Wo ist meine Mutter“, fragt die 92-Jährige. Es ist naheliegend zu sagen „Überlegen Sie mal. Sie sind 92. Wie alt müsste Ihre Mutter sein? Die Mutter ist schon längst tot.“ Besser als korrigieren: Reagieren Sie erstmal nicht zu schnell. Gehen Sie dann auf die Gefühle der Frau ein. Wie Sie so eine Situation gut lösen können, zeige ich Ihnen in meinem Kurs:
Gratis 7-Tage-E-Mail-Kurs:
DEMENZ verstehen – Aufatmen statt Zähneknirschen.
Omas Augen sollen wieder leuchten.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #4: Das Pokerface

Gerade wenn weniger Worte zur Verfügung stehen, sind andere Möglichkeiten wichtiger, sich auszudrücken. Also: Ich will mir besser in die Karten schauen lassen. Pokerface ade. Besser zeige ich mit Lächeln, Stirnrunzeln oder Achselzucken meine Gefühle.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #5: Bandwürmer, Girlanden und Schachteln

„Wir könnten noch draußen grillen, nachdem wir geschaut haben ob wir Tante Greta telefonisch erreicht haben, und bevor wir duschen gehen.“ So ein Satz wird nicht gut verstanden: Zu lang. Darum nennt man sie Bandwurmsätze, Satzgirlanden oder Schachtelsätze. Besser: „Rufen wir doch mal bei Tante Greta an.“ Und nach dem Telefonat dann erst die nächsten Sachen sagen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #6: „Immer die gleichen Geschichten…“

Früher habe ich oft so was gedacht wie: Frau Krause, die 88 Jährige, erzählt immer das gleiche. Immer die Geschichte, wie sie nach der Flucht die ersten Hühner gekauft haben. Doch dann hab ich gemerkt: Genaues Zuhören lohnt sich. Es gibt Nuancen. Einmal legt sie den Schwerpunkt auf die Armut – ein andermal darauf, dass der Hühnerkauf der Anfang vom Aufstieg war. Wenn ich das erkenne, habe ich Glück und kann besser auf ihr Grundgefühl eingehen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #7: Flimmerkiste & Radio Hitparade

Manche Menschen können Stille nicht gut aushalten. Aber muss den wirklich Fernseher und Radio gleichzeitig vor sich hin dudeln? Menschen mit Demenz reagieren häufig aufmerksamer, wenn nur eines der Geräte läuft. Oder vielleicht auch mal gar keines?

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #8: „So eine Unverschmämtheit!“

Herr Janzen beleidigt manchmal andere. „Du hast aber einen dicken Bauch“, kann er sagen. Oder neulich zu einer Frau: „Hast du eigentlich einen Mann abbekommen?“ Aber: Vielleicht muss ich das nicht als persönliche Beleidigung verstehen. Sondern als Teil seiner Demenz. Wenn die Kontrolle fehlt, will ich entspannt blieben. Und schauen, dass ich auf Abstand gehen kann – oder jemand anderen bitte, die Situation zu begleiten.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #9: „Wer ist der Dieb?“

Der Notarzt fährt vor, die Polizei fängt den Dieb. In manchen Fernseh-Sendungen werden Kriminalfälle und Notfälle nachgespielt. Ich habe schon erlebt, dass das Menschen mit Demenz verwirrt hat. Und sie nicht mehr einordnen konnten, ob das jetzt wirklich passiert ist. Spätestens bei Anzeichen von Unruhe kann man sich fragen: Könnte eine bessere Programmauswahl zur Beruhigung beitragen?

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #10: „Wieso? Weshalb Warum?“

„Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Was man Kindern im Lied der Sesamstraße beibringt, hilft bei Demenz nicht: Fragen nach Ursache und Zusammenhängen überfordern. Viele W-Fragen strengen an. Weniger Fragen, die Ihr Gegenüber mit ja oder nein beantworten kann, sind leichter zu beantworten. Statt „Was willst du trinken?“ frage ich besser: „Möchtest du Kaffee oder Tee?“

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #11: „Ich schieb ihn schnell weg“

Tante Gertrud sitzt im Rollstuhl. Wenn sie im Weg steht, schiebt sie die Schwägerin schnell zur Seite. Ohne Vorankündigung. Habe ich auch schon gemacht. Leider. Und danach gemerkt: Damit habe ich die Frau wie ein Objekt behandelt und nicht wie ein Mensch. Daher achte ich jetzt darauf und erkläre: „Ich drehe Sie mal kurz zur Seite.“ Manchmal hilft es auch, die Erklärung mit Gesten zu verstärken.

R wie Rollstuhl.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #12: Vorsicht, Abstand!

Seit Corona haben wir ihn verlernt: Den Handschlag. Menschen, die heute alt sind, sind aber noch anderes gewöhnt: Man gibt sich die Hand, wenn man sich trifft. Ich habe wieder bewusst damit angefangen, mit einem Handschlag hallo zu sagen – und staune, wie positiv Senioren mit Demenz darauf reagieren.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #13: Schlaflosigkeit? Schlaftabletten!

Medikamente helfen. Das ist keine Frage. Doch Medikamente haben Nebenwirkungen. Und Schlafmittel können den Tag-Nacht-Rhytmus völlig durcheinander bringen. Bevor man zu Medikamenten greift, kann man erst mal folgende Sachen versuchen: Ein Einschlafritual einführen, beruhigende Tees, Lüften, tagsüber viel raus gehen…

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #14: Zu viel oder zu wenig berühren

Oft mögen Menschen mit Demenz Berührung. Manche wollen aber auch keine Nähe. Achten Sie auf Mimik, Gestik und Worte. Berühren Sie Ihr dementes Gegenüber so viel oder so wenig, wie es ihm gut tut.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #15: „Oma, verhalte dich bitte normal!“

Was ist schon normal? Bei Menschen mit Demenz schaffe ich unnötigen Druck, wenn ich von ihnen das erwarte, was für mich normal ist. Ihr Leben läuft nach eigenen Regeln. Da muss es auch mal erlaubt sein, dass Herr Krämer am Tisch schläft. Oder dass Frau Krause nicht am Tisch isst. Sondern lieber von verschiedenen Tellern mit „Finger Food“ nascht, die herum stehen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #16: „Hauptsache, die Möbel sind funktional!“

Höhenverstellbare Betten & Co helfen, keine Frage. Rücken ist das Leiden vieler Pflegender. Aber: Funktionalität ist nicht alles. Schöne Möbel, die dem dementen Gegenüber gefallen, können seine Stimmung heben. Beispiele: Möbel vom Speicher, die ihm etwas bedeutet haben, wieder ins Zimmer integrieren. Oder Vorhänge aus den 60er-Jahren. Oder einen alten Teppich aus dem letzten Jahrhundert.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #17: Mit der Realität argumentieren

Weihnachten. Elsa Danner (84) packt die Deko-Päckchen unter dem Weihnachtsbaum aus. „Lass die Päckchen liegen. Das ist doch nur Dekoration“, kann ich sagen. Elsa Danner ist danach vermutlich traurig oder zornig. Besser: „Weihnachtspäckchen – was ist denn das schönste Weihnachtsgeschenk für dich?“ Oder: „Gell, Weihnachten ist das schönste Fest im Jahr.“ Oder: „Wollen wir zusammen ein Adventslied singen?“

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #18: Nix g’schwätzt ist g’nug globt

„Nichts gesagt ist genug gelobt.“ Diese schwäbische Weisheit ist besonders bei Menschen mit Demenz nicht angebracht. Bei Menschen, die dement sind, geht viel verloren. Da tut jedes Wort gut, das dem anderen zeigt, dass er wertvoll ist oder gerade etwas gut gemacht hat.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #19: „Das Problem wird sich von selbst erledigen.“

Herr Steiner hatte immer Angst, wenn jemand in sein Wohnzimmer kam. Grund war die laut quietschende Tür. Bereits ein Tropfen Öl linderte das Problem. Er war entspannter, wenn die Schwester vom ambulanten Pflegedienst kam. Also: Kleine Probleme anpacken kann manchmal eine große Wirkung haben.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #20: „Omilein, bist du süß.“

Alte Menschen haben ein langes Leben hinter sich. Ich habe schon erlebt, dass Betreuende dennoch mit ihnen geredet haben wie mit einem kleinen Kind. So kann der Respekt verloren gehen. Ich sage nicht, dass man steif und distanziert sein soll. Aber man kann bewusst darüber nachdenken, wie man jemanden anredet – und immer mit der Achtung, die jeder Mensch verdient.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #21: „Lass es liegen, Oma. Ich mache es schon.“

Natürlich kann es eine Hilfe sein, meinem dementen Gegenüber komplexe Aufgaben abzunehmen. Aber ich sollte nicht alles übernehmen. Besser ist, Aufgaben so zu vereinfachen, dass der Mensch, mit dem ich zu tun habe, dies ohne Überforderung schafft. Beispiel: Ich räume den Wäschetrockner aus. Die alte Dame braucht sich nur an den Tisch setzen. Und kann die Wäsche zusammenlegen, die ich ihr gebe.

Was hilft bei Demenz nicht? Ein Fehler ist, alle Aufgaben zu übernehmen - Beispiel: Wäsche zusammen legen.
W wie Wäsche…

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #22: Die Sache mit dem Tagesablauf

Manche Sagen: Rhythmus hilft. Gib dem Tag Struktur. Das gibt Orientierung.
Andere sagen: Ein zu enger Takt strengt an. Viele Termine machen müde.
Wie wärs mit dem Mittelweg? Machen Sie beides. Planen Sie einige Dinge. Aber lassen zwischendurch auch Freiraum.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #23: Diskutieren, kritisieren, zurechtweisen…

Es geht nicht darum, einen Streit oder eine Argumentation zu gewinnen. Und am Schluss recht zu haben. Es geht darum, einen Menschen zu gewinnen. Und diesem zu helfen, sich wohl zu fühlen.
Statt diskutieren also die Wahrnehmung des dementen Menschen stehen lassen. Den anderen wertschätzen statt seine Äußerungen abzuwägen und zu bewerten. Und: Nicht zurechtweisen – klüger ist oft, über Fehler hinwegzusehen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #24: Das Megaphon

Manche tun so, wie wenn alte Leute grundsätzlich schwerhörig wären. Sie reden mit lauter Stimme. Dabei wird die Stimme manchmal schrill. Besser ist: Deutlich und langsam reden. Versuchen, eher mit tiefer als mit hoher Stimme zu sprechen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #25: „Jetzt erklär ichs noch ein 3. Mal…“

Klar: Es ist richtig, zu wiederholen. Aber wiederholen Sie auf eine gute Art. Ich kann Dinge wieder und wieder wiederholen. Und dem anderen dabei das Gefühl geben, dass er dumm ist.
Besser ist: Ich kann auch dezent, wertschätzend und einfühlsam wiederholen. Mit anderen Worten, freundlich, unaufdringlich.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #26: „Ich habe keine Zeit“

Das habe ich auch schon gesagt. Dabei hat jeder 24 Stunden am Tag. Mein Problem ist aber oft, dass ich zu viel hinein stopfen will in meine Zeit. Wenn ich Menschen mit Demenz besuche, brauchen sie Zeit. Bin ich in Gedanken aber schon beim nächsten, werde ich mein Gegenüber nicht wahrnehmen können, wie es ihm gut tut…

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #27: Schnellzug statt Bummelbahn

Manchmal bin ich zu schnell. Ich lese zu schnell vor. Und anstatt eine Pause zu machen, mache ich gleich noch einen Programmpunkt. Damit habe ich schon Menschen mit Demenz überfahren. Ich lerne, Schritt für Schritt vorzugehen. Also: Eine Sache bewusst tun. Dann erst die Nächste. Also besser mit dem Bummelzug als mit dem ICE reisen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #28: ha, ha, ha!

Menschen mit Demenz verwechseln manchmal Namen, Tageszeiten oder Worte. Aber ich will nicht über die Menschen lachen. Die Kunst ist: Gemeinsam zu lachen. Mit dem Menschen mit Demenz. Über Dinge, die er selbst lustig findet.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #29: Zurück in meine Realität

Frau Hansen (82) lebt in einer ganz anderen Wirklichkeit. Gefühlt in den 70er-Jahren. Sie muss für ihre kleinen Kinder kochen. Und zur Arbeit in die Fabrik. Wenn ich Frau Hansen in meine Realität zurück zerre, helfe ich ihr nicht. Besser ist, mich auf ihre Welt einzulassen – und sie innerhalb ihrer Welt wertzuschätzen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #30: „Sie wird sich schon zurechtfinden“

„Oma wird den Weg schon finden“, denkt man sich vielleicht. Das kann klappen, muss aber nicht. Hinweisschilder können helfen. Beispiele: „WC“, „Küche“ oder „Garten“. Bilder oder Symbole auf den Schildern können die Orientierung erleichtern. Aber: Weniger ist oftmals mehr. Zu viele Symbole auf einem Schild verwirren eher. Und auch zu viele Schilder können anstrengend sein.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #31: „Meine arme Frau – das gibt ihr jetzt den Rest.“

Ich habe schon gehört, dass jemand diesen Satz gesagt hat. Über einen Menschen mit Demenz.
Während er dabei war. Und zwar vor laufender Kamera. In einer Fernseh-Dokumentation über Demenz. Ich würde mir wünschen, dass meine Angehörigen nicht so über mich sprechen, wenn ich dement bin. Und damit das Elend erst herbeireden…

Was hilft bei Demenz nicht? Wenn man keine Zeit hat. Hier ist eine Uhr zu sehen.
Z wie Zeit…

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #32: Namen sind egal

Für Menschen mit Demenz kann es peinlich sein, wenn sie sich nicht an Namen erinnern können. Wenn ich einen dementen Menschen begleite, kann ich immer wieder meinen Namen dezent ins Gespräch einstreuen. Und auch den Namen von den Menschen, denen wir begegnen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #33: Von oben herab sprechen

Oft stehe ich. Mein dementes Gegenüber sitzt in der Zeit auf dem Stuhl oder Rollstuhl. Folglich rede ich von oben herab mit dem anderen Menschen. Was kann ich tun? Ich setze oder knie mich hin. Dann befinde ich mich auf Augenhöhe. Und gleich wird das Gespräch leichter.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #34: Bloß nicht berühren…

Demenz ist nicht ansteckend. Daher brauche ich keinen Abstand zu halten. Besser, ich gehe so nah an mein Gegenüber heran, wie ihm das gefällt. Viele mögen sogar, wenn sie massiert werden. Im Pflegeheim massiere ich zwischendurch den Nacken der Bewohner (aber nur bei Männern – die Bewohnerinnen überlasse ich meinen Kolleginnen). Wenn das jemand sehr liebt, können sie es auch zelebrieren – mit duftendem Massageöl.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #35: Sei kein Echo!

Jemand sagt was, vielleicht im Zorn. Und ich antworte. In der gleichen Tonlage. Das ist nicht gut, vor allem nicht bei Menschen mit Demenz. Ärger schaukelt sich hoch. Am Schluss sind alle traurig. Und wissen gar nicht mehr, warum. Besser ist, den Ärger nicht hoch schaukeln zu lassen. Zum Beispiel, indem ich einen Schritt zurücktrete. Und es einer anderen Person überlasse, entspannt von außen hinzuzutreten und zu beruhigen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #36: Konflikte müssen immer ausgetragen werden“

Müssen sie das wirklich? Da habe ich bei Menschen mit Demenz schon schlechte Erfahrungen gemacht. Daher würde ich nicht mehr unbedingt in Diskussionen einsteigen. Besser ist: dem anderen (zumindest auf Gefühlsebene) recht geben, ablenken – und die Schnittmenge suchen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #37: „Das ist eine dumme Ausrede!“

Das Bett ist nass. Frau Martin sagt: „Nein, ich habe nicht ins Bett gemacht. Es hat rein geregnet.“ Darüber sollte man nicht lachen. Es auch nicht als Ausrede schelten. Nein, es ist eine Art, das Unerklärliche zu erklären. Da Frau Martin überzeugt ist, dass sie nicht eingenässt hat, hat es eben rein geregnet. So eine logische Erklärung verdient, dass ich sie respektiere – und nicht darüber lache.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #38: Demenz ist der Anfang des Sterbens

Man muss Menschen mit Demenz nicht ihre Zukunftsaussichten klein reden. Nein, auch während einer Demenz kann man noch voller Hoffnung sein. Menschen mit Demenz will ich die Perspektive lassen, die sie noch haben. Es unterstützen, dass sie von einer hoffnungsvollen Zukunft träumen. Denn Träume machen Unmögliches erst möglich…

G wie Grübeln oder Gedankenspirale.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #39: Grübeln, grübeln, grübeln…

Nachdenken bringt viel. Grübeln nicht. Wer sich immer um sein eigenes Schicksal dreht, kommt nicht weiter. Manchmal ist es besser, etwas zu tun. Und dabei Freude zu erleben. Hier habe ich zum Beispiel 50 erprobte Beschäftigungsideen zusammengetragen, die bei Männern super ankommen: Beschäftigung für demenzkranke Männer.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #40:Halte dich bitte an die Regeln!“

Stuhlkreis im Pflegeheim. Doch Frau Gruber steht auf – und legt sich ins Bett. Sie hat eine andere Entscheidung getroffen, als ich mir gewünscht hätte. Sie hat sich gegen mein Aktivierungsangebot entschieden. Doch hier will ich der Versuchung widerstehen, sie in mein Schema zu pressen. Und sie ziehen lassen. Die Normen, die ich für richtig halte, müssen für Frau Gruber nicht gelten.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #41: „Der kriegt ja nichts mehr mit.“

„Der kriegt ja nichts mehr mit“, sagen andere über Menschen mit Demenz. Doch ich habe oft erlebt: „Mein Gegenüber bekommt mehr mit als ich denke.“ Zum Beispiel wenn ich eine Kurzgeschichte für Demenzkranke vorlese. Daher: Ich will nicht über demente Menschen sprechen, wie wenn sie gar nicht da wären. Sondern: Ich will sie ernst nehmen. Als vollwertige Menschen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #42:Sie sind doch nicht die Einzige!“

Ich arbeite in einem Pflegeheim mit 70 Bewohnern. Wenn ich meine Arbeitszeit auf Menschen umrechne, sind das an jedem Arbeitstag nur wenige Minuten pro Bewohner. Früher habe ich mit „fordernden“ Bewohnern oder Angehörigen diskutiert. Doch immer habe ich gemerkt: Dadurch habe ich am Schluss noch weniger Zeit. Und ich stoße nur Menschen vor den Kopf. Inzwischen versuche ich, im Jetzt zu leben – und dem Zeit zu schenken, der sie jetzt gerade braucht. Ohne (allzusehr) auf die Uhr zu schauen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #43: Ich brauche nur Empathie

„Ich muss nichts über Demenz lernen. Ich kann doch auf mein Gegenüber eingehen. Empathie ist wichtiger als Wissen. “ Ich kenne Menschen mit dieser Haltung. Richtig ist: Einfühlungsvermögen ist wichtig. Aber: Wer dazu lernt, kann Betroffene noch besser abholen.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #44: So möchte ich auch betreut werden – also ist das gut

So wie Sie betreut werden möchten, so betreuen Sie auch andere. Stimmt das? Nicht ganz.
Ich trinke meinen Kaffee morgens immer nach dem Zähneputzen. Frau Prinz findet das aber eklig. „Der Kaffee schmeckt ja dann nach Zahncreme“, sagt sie. Also: Es geht nicht darum, was mir schmeckt. Sondern um die Vorlieben meines Gegenübers.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #45: „Du kannst aber klug reden“

Manchmal benutze ich Fachbegriffe, weil sie etwas auf den Punkt bringen. Das ist gut, wenn ich mit meiner Homepage-Technikerin über ein „Plugin“ spreche. Oder mit einem Arzt über Lecanemab. Siehe in meinem Vortrag über Demenz. Doch bei Menschen mit Demenz können Fachbegriffe überfordern. Weil sie das Gefühl geben: „Ich verstehe etwas nicht mehr. Ich bin zu doof für diese Welt.“ Also: Besser einfach reden als sich gewählt mit Fachbegriffen ausdrücken.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #46: Schwungtuch-Aktivierung für die Bauersfrau

Sophias Leben bestand aus Feldarbeit, Kuhstall und Gartenarbeit. Nun lebte sie im Pflegeheim. Und sollte mit anderen Senioren einen Ball auf einem Schwungtuch hin und her bewegen. Wer Sophia von früher kennt, denkt: „Das passt nicht zu ihr…“ Suchen Sie also Aktivierungen, die zu Ihrem Gegenüber passen. Bei Sophia wäre vielleicht passender gewesen:

  • Ein Spaziergang in der Natur
  • Fachsimpeln darüber, was ein Bauer im Jahresverlauf jetzt gerade machen muss
  • Im Garten eine Pflanze einbuddeln.

Weitere Ideen finden Sie in meinem Artikel „Beschäftigung für Demenzkranke: Mit diesen 158 Ideen können Sie die Situation sofort verändern.“

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #47: Ein kurzer Gruß ist zu wenig

Wenn ich im Alltag ohne Zeit an Oma vorbei eile, kann sie das als Ablehnung auffassen. Besser ist, auch bei flüchtigen Begegnungen sich kurz Zeit zu nehmen, ihre Hand zu halten, ihr in die Augen zu schauen und sie anzulächeln.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #48: Noch kurz mein Smartphone checken

Klar, das Handy lenkt ab. Und ich schaue den anderen dadurch nicht so aufmerksam an. Auch kommt es zu weniger Blickkontakt. Doch gerade Blickkontakt tut jeder Beziehung gut. Ich habe mir die Faustregel aufgestellt, dass ich mein Smartphone pro 24 Stunden mindestens 12 Stunden ausschalte. Das heißt: Während ich schlafe. Plus tagsüber nochmal ein paar Stunden. Das hilft mir, aufmerksamer zu sein1

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #49: Meine Sicht der Dinge logisch erklären

Mein dementes Gegenüber sagt Dinge wie:

  • Ich will nach hause (obwohl er zuhause ist).
  • Du hast meinen Mantel geklaut (aber das ist nicht wahr).
  • Es ist November und mir ist kalt (jedoch: Es ist 33 Grad heiß und es ist August).

Soll ich die Realität logisch erklären. Nein, damit verwirre ich nur. Besser ist, auf mein Gegenüber einzugehen – ohne zu lügen. Wie das geht zeige ich Ihnen in meinem Beitrag „Validation Übungsbeispiele bei Demenz: 16 Situationen auf 48 Arten genial meistern“.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #50: Glaube und Religion ist Nebensache

Für viele junge Menschen ist Glaube kein Thema. Für Senioren gehören Gott und Rituale häufig dazu. Den Glauben auszuleben kann eine große Sehnsucht sein. Einige Beispiele, die helfen können: Den Gottesdienstbesuch ermöglichen, einen Pfarrer zum Hausbesuch einladen, aus der Bibel vorlesen, ein Tischgebet vor dem Essen sprechen, ein gemeinsames Abendgebet vor dem Einschlafen…

G wie Glaube und Gott.

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #51: Viele, viele Marmeladen…

Je mehr Entscheidungsmöglichkeiten (https://karrierebibel.de/marmeladen-experiment/) man jemandem anbietet, umso schwerer fällt es ihm, sich zu entscheiden. Das ist schon beim Gesunden so. Bei Menschen mit Demenz sollte man noch weiter vereinfachen. Nicht so gut: „Ich habe Salami, Lyoner, Weichkäse, Käsescheiben, Honig, Erdbeer- und Aprikosenmarmelade. Was willst du?“ Besser: „Willst du Marmelade oder Käse aufs Brot?“

Was hilft bei Demenz nicht? Fehler #52: Eine Notlüge schadet nicht

Soll man Menschen mit Demenz anlügen, wenn es der Situation dient? Nein, ich will ehrlich sein – dabei aber authentisch bleiben. Wollen Sie darüber mehr wissen? Dann melden Sie sich hier an:
Gratis 7-Tage-E-Mail-Kurs:
DEMENZ verstehen – Aufatmen statt Zähneknirschen.
Omas Augen sollen wieder leuchten.

„Was hilft bei Demenz?“
So lautet die Frage, die ich in diesem Artikel aufgegriffen habe.
Ich habe die Frage mit 52 Fehlern beantwortet.
Natürlich kann man diese Frage auch wissenschaftlich angehen.
Dann müsste man auf die Frage
„Was hilft bei Demenz?“ antworten:
– Hier sind medizinische und pharmazeutische Aspekte.
– Man kann auch technische Hilfsmittel einsetzen.
– Und soziale Unterstützung suchen.
Mir ging es in diesem Beitrag nur um diese persönliche Frage:
„Welchen Fehler kann ich heute konkret vermeiden, um besser zu werden?“
Da es Ihnen ähnlich gehen könnte, habe ich versucht, Sie mit hinein zu nehmen.


Wie gesagt:

Ich bin weit davon entfernt, keine Fehler mehr im Umgang mit Menschen mit Demenz zu machen.

Möge diese Anleitung Ihnen und mir dabei helfen, besser zu werden.

Lassen Sie uns Omas Augen zum Leuchten bringen.

Ihr Uli Zeller

Eine Fußnote

1 Und der Umwelt hilf es auch. Für einen achtsamen Umgang mit der Schöpfung gibt es hier noch viele gute kleine unaufdringliche Tipps bei den Umwelthäppchen.

Über den Autor: Uli Zeller

Der BestZeller...

  • schreibt DEMENZ-Bücher und bloggt darüber.
  • arbeitet seit 2008 im gleichen Pflegeheim.
  • ist Seelsorger, Autor und Krankenpfleger. 
  • schreibt als Reporter beim SÜDKURIER auch über seine Heimat Tengen, die Natur, Menschen, Vereine und Volksfeste.
  • freut sich von Jahr zu Jahr mehr über seine Ehefrau.
  • übt mit seinen 2 Töchtern Schreiben und malt darum Buchstaben auf viele Bilder dieses Blogs.
  • findet Nachtwache besser als Frühdienst ("wegen dem Aufstehen").
  • hat ein Lebensmotto: "Vertraue Gott und tue das Nächstliegende."
Buchtipp: Demenz-Vorlesegeschichten
"Applaus für Doktor Klaus"
(hier gehts zum gedruckten Buch / E-Book)

Diese Artikel sollen Sie weiterbringen:

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}
>