Mit dem Hammer Nägel in Bretter schlagen. Die Holzreste ins Feuer werfen und den Flammen zuschauen. Und dazu ein Bier trinken.
Beschäftigung mit demenzkranken Männern macht Spaß.
Man kann aber auch mal einen blauen Daumen bekommen, ein Funke fliegt ins Gesicht oder man bekommt einen Schwips.
Machen Sie sich Gedanken über die Gefahren? Ich sage am Schluss des Artikels nochmal etwas dazu.
Aber erst einmal ein Überblick über diesen Artikel:
50 Ideen: Beschäftigung für demenzkranke Männer
In diesem Artikel zeige ich Ihnen jetzt 50 Ideen.
Warum und was können Sie damit anfangen?
Die Ideen sollen vielseitig und originell sein – und Ihren Alltag bereichern.
Diese können Sie 1:1 umsetzen, wenn Sie mit Männern mit Demenz zu tun haben.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie hier den richtigen Schlüssel finden, um die Augen von Opa wieder einmal zum Leuchten zu bringen.
Sie glauben es mir noch nicht?
Dann liefere ich später noch den Beweis, dass es tatsächlich funktioniert:
Sängerin und Demenz-Expertin Sarah Straub berichtet von einem Erfolgserlebnis.
Die Beschäftigung für demenzkranke Männer, die sie schildert, hat sie in ihrer eigenen Familie erlebt.
Soviel sei schon mal verraten:
Es geht dabei um einen Rasenmäher, der den dementen Schwiegervater beflügelt hat.
Nach dem Inhaltsverzeichnis geht es los…
Inhalt
Warum ist das Thema wichtig?
Rund ein Drittel1 der Menschen mit Demenz sind Männer.
Die Tatsache, dass die meisten Alzheimer-Betroffenen über 65 Jahre2 alt sind, legt Ideen für die Beschäftigung mit demenzkranken Männern mit Bezug zum letzten Jahrhundert nahe.
Wichtig:
Es ist einerseits gut, wenn Sie Aktivierungen wählen, die zum Lebensalter und der Biographie der Betroffenen passen.
Wenn jemand in den 50ern zu Bill Haley Rock`n Roll getanzt hat, wird er einen anderen Musikgeschmack haben als ein Peter-Alexander-Fan. Diese Checkliste will natürlich nur Ideen liefern und hat nicht den Anspruch, vollständig zu sein.
Und:
Es gibt auch Männer (mich zum Beispiel) die lieber Wäsche waschen als an Motoren zu schrauben. Also: Niemanden zu sehr in ein sozial erwartetes Rollenklischee pressen.
Checkliste: 50 Ideen, die begeistern
Männeridee #1: Ich packe meine Werkzeugkiste
Hammer, Schraubenschlüssel oder Zange verbreiten einen herrlich metallischen Geruch. Sie werden gerne in der Hand hin und her gewogen. Der Geruchs- und Tastsinn schließt Erinnerungen auf und regt manchmal zum Erzählen an.
Männeridee #2: Ich glaub, ich steh im Wald
Wenn es nach Harz, Holz und Tannennadeln riecht, bringt das manchen Mann zum Erzählen. Ein Ausflug in den Wald wäre schön. Ist dies nicht möglich, bringen Sie den Wald eben mit nach hause: Lassen Sie Ihr Gegenüber an Baumrinde, Blättern oder Eicheln fühlen.
Männeridee #3: Pfeil und Bogen
Senioren von heute haben früher oft viel im Wald gespielt. Bringen Sie Äste und Schnüre mit – und lassen Sie sich zeigen, wie man Pfeil und Bogen bastelt. Gesprächsthemen könnte auch sein, was man(n) sonst so im Wald gespielt hat: Verstecken, Hütten bauen – oder Wasser im Bach stauen.
Männeridee #4: Zum Wohl, Prost, hoch die Tassen!
Sie können verschiedene Flaschen (Bier, Wein, Schnaps) mit den entsprechenden Deckeln mitbringen. Ihr Gegenüber kann versuchen, die Verschlüsse (Kronkorken, Korken, Schraubverschluss) den entsprechenden Flaschen zuzuordnen.
Männeridee #5: Schwingen Sie das Tanzbein
Was? Tanzen ist Frauendomäne? Von wegen. Tanzen ist eine schöne Beschäftigung für demenzkranke Männer. Probieren Sie es mit Boogie Woogie, Walzer oder sogar mit Rock `n Roll. Vielleicht erleben Sie eine Überraschung. Legen Sie doch mal eine Platte auf und schauen was passiert.
Männeridee #6: Das Leben ist voller Musik
Viele Männer, die heute dement sind, haben früher musiziert. Vielleicht können Sie das Musikinstrument Ihres Gegenübers mitbringen. Kann sein, dass er diesem einige Töne entlockt. Auch wenn er das Musikinstrument nur in den Händen hält und dadurch Erinnerungen an früher wach werden, hat es sich vielleicht schon gelohnt. Übrigens: Ein Musikinstrument wie Klavier3 zu lernen ist auch eine sehr gute Vorbeugung gegen Demenz.
Männeridee #7: Welches Material gehört zu welchem Handwerker?
Holzbretter, Fliesen, Mehl – bringen Sie Material mit, das ein Handwerker benötigt – und sprechen Sie gemeinsam darüber, welcher Handwerker das verwendet.
Männeridee #8: Ab in den Baumarkt
Wie wäre es mit einem Ausflug in den nächsten Baumarkt? Nehmen Sie die Gerüche wahr. Fachsimpeln Sie über die verschiedenen Arten von Farben, Unterschiede von Bohrmaschinen – oder welche Art von Glühbirnen Ihr Gegenüber bevorzugt.
Männeridee #9: Alle Neune
Gehen Sie gemeinsam kegeln. Früher hatten viele Kneipen eine Kegelbahn, auf der man gespielt hat. Kegeln war ein Volkssport. Es gibt auch Miniatur-Kegelbahnen, mit denen Sie sich den Kegelspaß in die eigenen vier Wände holen können.
Männeridee #10: Blätter bestimmen
Sammeln Sie im Wald Blätter von verschiedenen Bäumen. Gerne bei einem Spaziergang. Beschäftigung für demenzkranke Männer kann auch im Wald stattfinden. Bestimmen Sie gemeinsam die Baumarten. Wenn es nicht möglich ist, gemeinsam in den Wald zu gehen, bringen Sie die Blätter mit.
Männeridee #11: Fußball ist unser Leben
Viele Männer haben früher Fußball gespielt. Im Verein im eigenen Dorf. Ein eigener Fernsehapparat im Wohnzimmer war früher nicht selbstverständlich. So haben sie sich große Fußballturniere im Radio angehört. Legendär etwa die Radioreportage zum „Wunder von Bern“ – die Weltmeisterschaft 1954, bei der Deutschland den Titel holte. Schon Kickschuhe in der Hand oder ein Ball am Fuß können Erinnerungen wecken.
Männeridee #12: Ausflug zur Baustelle
In der Nähe des Pflegeheims4, in dem ich tätig bin, gab es einmal eine größere Baustelle. Es roch nach staubigen Steinen und Diesel, die Bagger rumpelten und bewegten große Massen. Ich habe an einem Morgen fast alle Männer, die damals im Pflegeheim waren, zur Baustelle gebracht. Bei vielen leuchteten die Augen – und manche wollten gar nicht mehr zurück, sondern noch länger den Straßenarbeitern zusehen.
Männeridee #13: Arbeit in der Fabrik
Ich arbeite in einer Industriestadt: Singen am Hohentwiel. Viele haben dort früher in der Fabrik gearbeitet. Ein Herr, der 4 Jahrzehnte Suppe für die Maggi produziert hat, fasste sein Berufsleben zusammen: „40 Jahre fette Brühe“. Und wann wohl haben seine Augen geleuchtet? Richtig – wenn er eine Tütensuppe in der Hand hielt oder Brühwürfel fürs Mittagessen auspackte.
Männeridee #14: Marmelade kochen
Was? Marmelade kochen liegt unter der Würde des Mannes. Von wegen. Eine Generation, die in Armut aufgewachsen ist, kennt sich mit dem haltbar machen von Früchten aus. Auch die Männer. Bringen Sie doch einmal ein Marmeladenrezept mit – und fragen Ihr Gegenüber mit Demenz, ob das auch wirklich so funktioniert. Vielleicht werden Sie staunen…
Männeridee #15: Schnell wie die Feuerwehr
Bei der Feuerwehr hat man Technik, Kameradschaft – und hilft anderen Menschen. Beschäftigung für demenzkranke Männer? Welches Männerherz schlägt nicht für die Feuerwehr? Bringen Sie doch mal Bilder von der Feuerwehr mit – oder vielleicht können Sie einen Feuerwehrhelm, ein Strahlrohr oder einen Feuerwehrschlauch auftreiben.
Männeridee #16: Sport – sich regen bringt Segen
Am besten holen Sie Ihr Gegenüber mit der Sportart ab, die er früher geliebt hat – sei es Radfahren, Schwimmen oder Volleyball. Oder hat Ihr Gegenüber Tennis gespielt? Dann geben Sie ihm einen Schläger und einen Ball in die Hand. Alternativ können Sie einen aufgeblasenen Luftballon nehmen – und mit dem Luftballon „Tennis“ (oder etwas ähnliches) spielen.
Männeridee #17: Kartenspiele – wo bleibt der dritte Mann?
Skat, Rommé oder Schafkopf? Kartenspielen war früher beliebte Beschäftigung. Finden Sie heraus, was man in Ihrer Gegend gespielt hat. Gesprächsimpulse könnten sein: Haben Sie um Geld gespielt? Wo haben Sie gespielt? Wer hat meistens gewonnen?
Männeridee #18: Besuch einer Brauerei
Männer & Bier – das gehört zusammen. Wäre es möglich, einmal eine Brauerei zu besuchen? Oder einen Biergarten? Wenn nicht: Besorgen Sie sich Bilder, die Biergarten-Stimmung verbreiten. Vielleicht können Sie auch Hopfen in den Händen wiegen lassen. Oder Biergläser und Bierkrüge, Bierflaschen und Bierdosen. Ein Bierexperte und Freund von mir bietet übrigens Biertastings6 an – falls Sie Untersützung suchen.
Männeridee #19: Ab in den Weinberg
Vielleicht ist ein Besuch im Weinberg nicht möglich. Aber wie wäre es, Material mitzubringen, das daran erinnert: Eine Rebe und eine Rebschere. Oder Weinfass, Weinflaschen und Gläser. Beschäftigung für demenzkranke Männer rund ums Thema Wein? Besonders ansprechend für die Sinne ist natürlich, wenn Sie einen Wein (oder Traubensaft) gemeinsam kosten.
Männeridee #20: Ist dieser Pilz giftig?
Viele Männer, die in der armen Zeit aufgewachsen sind, haben früher Pilze gesammelt. Erklären Sie ein Pilz-Kochrezept, bei dem Sie „aus Versehen“ ein Detail verwechseln. Vielleicht sind Sie überrascht, wenn Sie korrigiert werden.
Männeridee #21: Rings um die Feuerschale sitzen
Holzscheite knistern, Funken fliegen. Es riecht nach Rauch. Viele Männer sitzen gern an der Feuerschale und schauen ins Feuer. Manchmal führen sie dabei tiefe Gespräche. Oder sie schweigen. 10, 20, 30 Minuten still in die Flammen gucken muss für Männer nicht peinlich sein.
Männeridee #22: Schuhe putzen und pflegen
Schuhcreme, Bürsten & Lederschuhe. Bringen Sie dieses Material mit. Und geben Sie es dem Herrn mit Demenz in die Hand. So mancher wird zeigen können, wie akribisch er ist. Der Geruch von Schuhwichse und Leder löst in so manchem Mann Erinnerungen aus.
Männeridee #23: Ab in den Garten
Jäten, pflanzen oder umgraben. Vielleicht können Sie gemeinsam Tomaten pflanzen oder Kresse säen. Das geht nicht nur im Garten, sondern auch in einem Topf auf dem Balkon. Oder eine Runde fachsimpeln: Soll man Petersilie und Schnittlauch direkt nebeneinander pflanzen? Was tut man gegen Schnecken im Garten? Welche Obst- und Gemüsesorten gibt es im Garten?
Männeridee #24: Ein Schlachtfest
Familien haben sich früher zum Schlachten zusammen getan und sich gegenseitig geholfen. Sie brauchen gemeinsam kein Schwein zu zerlegen. Bringen Sie frisch Geschlachtetes vom Metzger mit – ganz nach den Vorlieben Ihres Gegenübers. Geruch und Geschmack bieten Beschäftigung für demenzkranke Männer. Beispiele: Griebenschmalz, Bratwurst oder Ripple.
Männeridee #25: Mit Oldtimern Erinnerungen wecken
Käfer, Ente, Bully. Solche Oldtimer kennt wohl jeder ältere Mann. Können Sie irgendwo echte Oldtimer anschauen? Vielleicht in einem Oldtimer-Club oder Fahrzeug-Museum. Oder Sie kennen jemanden, der mit einem Adenauer-Mercedes vorfährt.
Männeridee #26: Alte Münzen, alte Scheine
Können Sie Markstücke, Pfennige oder sogar Reichsmark auftreiben? Lassen Sie Ihr Gegenüber diese in den Händen wiegen. Sie können gemeinsam die Münzen ordnen – nach Farben, Größe oder dem aufgedruckten Wert. Oder fragen Sie: Als Sie ein Kind waren – wie viel haben Sie da bezahlt…
- für ein Brot?
- für ein Kilo Kartoffeln?
- für eine Zeitung?
Männeridee #27: Dosen werfen
Dosen werfen war beispielsweise auf dem Rummelplatz ein netter Zeitvertreib – bei dem man Preise gewinnen oder sich miteinander messen konnte. Sammeln Sie einige Dosen und Bälle und probieren es aus. Wenn man nicht mehr weit werfen kann, kann der Ball auch gerollt werden.
Männeridee #28: Ein Spiel mit Kastanien
„Mit Lebensmitteln spielt man nicht“, ist eine Grundüberzeugung von Menschen, die in armen Zeiten aufgewachsen sind. Daher biete ich Ihnen hier eine Spielidee mit Kastanien. Sie benötigen dazu einen Würfel, und einen Korb voller Kastanien. Die Kastanien kommen in die Mitte. Würfeln Sie reihum. Wer eine (1) würfelt, nimmt eine Kastanie und legt sie vor sich. Wenn keine Kastanien mehr in der Mitte sind, ist das Spiel beendet. Wer am meisten Kastanien hat, hat gewonnen.
Männeridee #29: Ein Vogelhäuschen bauen
Hier geht es um gemeinsames Tun. Der Mann mit Demenz kann punktuell Aufgaben beim Bauen übernehmen. Er wird als Ratgeber ernst genommen. Dank der Spiegelneuronen7 kann aktives Zuschauen sogar ähnlich aktivieren, wie wenn man selbst etwas aktiv tut.
Männeridee #30: Eine Wanderung in die Berge
Ging Ihr Gegenüber gerne wandern? Vielleicht ist das nicht mehr möglich. Aber ein Spaziergang wäre vielleicht eine schöne Beschäftigung für demenzkranke Männer. Und danach schauen Sie sich Bilder von den Bergen an und singen Wanderlieder.
Männeridee #31: Gesellschaftsspiele
Mühle, Dame oder Schach. Oft sind die Regeln noch tief im Gedächtnis. Und wenn es nicht klappt? Egal – auch wenn die Figuren nur betastet oder nach eigenen Regeln übers Feld geführt werden, kann das Erinnerungen wecken. Der gemeinsame Spaß sollte im Vordergrund stehen.
Männeridee #32: Der Dia-Abend
Dia-Abende sind bei vielen Männern eine feste Institution gewesen. Wenn sie das Klacken hören, wenn wieder mal ein Dia im Magazin des Projektors hängen bleibt, weckt das Erinnerungen. Vielleicht finden Sie auf dem Speicher noch einen alten Dia-Projektor. Und in einer alten Kiste Ihres Gegenübers ein Magazin mit Dias.
Männeridee #33: „Ein Herrengedeck, bitte.“
Haben Sie im Restaurant schon mal ein „Herrengedeck“ bestellt? Das sind zwei alkoholische Getränke – ein Bier und ein Schnaps. Fragen Sie mal, ob Ihr Gegenüber weiß, was ein Herrengedeck ist. Sie werden vielleicht staunen, wie viele alte Begriffe Senioren – trotz Demenz – kennen, mit denen wir heute nichts mehr anfangen können. Weitere Beispiele: „Henkelmann“ oder „Persilschein“. Solche alten Worte sind ein guter Abholer – und einige kennen Männer besser als Frauen.
Männeridee #34: Spiele mit Bierdeckeln
Viele Menschen, die heute dement sind, haben als Kind folgendes erlebt: Man war mit den Eltern im Gasthaus. Den Kindern wurde es früher oder später langweilig. Abwechslungsreiche Spiele konnte man dann mit Bierdeckeln machen. Zum Beispiel ein Kartenhaus bauen. Bringen Sie einen Stapel Bierdeckel mit und lassen Ihr Gegenüber damit hantieren. Vielleicht baut er auch nicht, sondern ordnet, knickt oder stapelt. Auch das sind schöne Beschäftigungen.
Männeridee #35: Los geht’s aufs Feld
Viele Männer waren früher nebenberuflich Landwirte: Tagsüber in die Fabrik, abends in den Stall. Bringen Sie doch mal Rechen, Sense oder Mistgabel mit. Oder ein Korb voller Heu oder Stroh? Vielleicht greift Ihr Gegenüber auch gleich zu und wird damit aktiv.
Männeridee #36: Roggen, Gerste, Weizen
Bringen Sie Ähren mit, die Ihr Gegenüber von der Feldarbeit früher kennt. Sie können auch in einer Schale Körner mitbringen. Lassen Sie sich dazu erzählen – von der Feldarbeit, vom Brot backen oder was sonst noch alles aus Körnern produziert wurde.
Männeridee #37: Regionale Geschichten
Lesen Sie aus dem Lokalteil der Zeitung vor. Ehrungen für 40 Jahre aktiven Dienst bei der Feuerwehr, die Verabschiedung eines langjährigen Bürgermeisters – oder Todesanzeigen. Hinter vielen Namen stehen Geschichten und Beziehungen – eine schöne Beschäftigung für demenzkranke Männer. Am besten unterstützen Sie vor allem positive Erinnerungen.
Männeridee #38: Holz machen
Holzscheit und Axt regen zum Erzählen an. Wie war das, früher in den Wald zu gehen und Holz zu machen. Wollte man warmes Wasser haben, musste man damit noch den Ofen anfeuern und Wasser erhitzen.
Männeridee #39: Gerber, Seiler, Wagner
Welche Berufe gab es früher, die es heute nicht mehr gibt? Erkundigen Sie sich bei Ihrem Gegenüber, was diese Menschen früher gemacht haben. Trotz Demenz wird ihnen der ein oder andere noch einiges erzählen können.
Männeridee #40: Vatertag & Bollerwagen
Am Vatertag bin ich in diesem Jahr zum ersten Mal mit einem Bollerwagen durchs Pflegeheim gefahren. Damit habe ich alle männlichen Bewohner besucht. Im Wagen ein Geschenk für jeden: Brezeln und alkoholfreies Bier. Nachahmung kann ich nur empfehlen. Nächstes Jahr bestimmt wieder!
Männeridee #41: Wir kehren den Hof
Fragen Sie Ihr Gegenüber, ob er Ihnen dabei helfen will, den Hof zu kehren. Mit einem Besen in der Hand läuft der ein oder andere zu Höchstformen auf. Gebraucht zu werden ist auch in der Validation nach Naomi Feil wichtig.
Männeridee #42: Wir waschen das Auto
Ein schmutziges Auto – dazu Schwamm, Eimer und Schaum – mehr ist nicht nötig, um den ein oder anderen Mann für eine längere Zeit glücklich zu machen. Danach die Sitze absaugen und die Fußmatten sauber klopfen. Es muss danach nicht alles glänzen. Es geht um sinnvolle Beschäftigung für demenzkranke Männer.
Männeridee #43: Das Lieblingslied
Sammeln Sie Lieder, die Ihr Gegenüber gerne singt oder hört. Seien es Volkslieder, Schlager, Pop oder Klassik. Überlegen Sie sich, wie Sie diese Musik ins Leben des demenzkranken Mannes einbauen und ihn damit beschäftigen können. Zum Beispiel, indem Sie gemeinsam singen oder sich ein Stück gemeinsam anhören.
Männeridee # 44: Redensarten ergänzen
Selbst erleben, was man noch kann – das geschieht bei Männern mit Demenz oft, wenn man sie Redensarten ergänzen lässt. Sagen Sie den Anfang vor – oft wird der Rest wie von selbst ergänzt:
- Handwerk hat goldenen … Boden.
- Man muss die Feste feiern, wie sie … fallen.
- Das Runde muss ins … Eckige.
Kennt Ihr Gegenüber noch weitere Redensarten, die er ergänzen kann? Machen Sie sich eine Liste mit persönlich bekannten Redensarten.
Männeridee #45: Vogelarten bestimmen
Suchen Sie sich eine App, auf der Sie gemeinsam Vogelstimmen hören können. Vielleicht ist Ihr Gegenüber gut darin, Vögel durch ihren Gesang bestimmen zu können.
Männeridee #46: Schmeiß mal den Grill an
Es riecht nach gebrutzeltem Fleisch – welcher Mann reagiert darauf nicht positiv? Brutzeln Sie Bratwurst, Steak oder Hähnchen und kommen Sie ins Gespräch. Themen für Fragen könnten sein: Grillrezepte, Vorlieben beim Essen – oder ob man(n) lieber mit Gas oder Holzkohle grillt.
Männeridee #47: Einen Platten reparieren
Bringen Sie doch einmal einen platten Fahrradreifen mit. Oder ein Fahrrad, an dem etwas zu reparieren ist. Sowie das zugehörige Flickzeug. Lassen Sie sich von Ihrem Gegenüber mit Demenz zeigen oder erklären, wie man einen kaputten Reifen repariert. Versuchen Sie es gemeinsam.
Männeridee #48: Schützenfest
War Ihr Gegenüber früher einmal in einem Schützenverein? Vielleicht können Sie ein altes Gewehr auftreiben? Oder einen Pokal, den er früher einmal gewonnen hat, als er Schützenkönig wurde. Wer das Metall einer alten Flinte fühlt, fühlt sich vielleicht zurückversetzt ans Schützenfest.
Männeridee #49: Eine Runde Jägerlatein
Laden Sie doch einmal einen Jäger ein, der seine typische Ausrüstung mitbringt, Ihr Gegenüber dran tasten lässt – und ihn dazu anregt, Jägerlatein zu erzählen. Beschäftigung für demenzkranke Männer – die Jagd ist ideales Thema.
Männeridee #50: Ein Fisch an der Angel
Auch zum Thema Fischerei sind Senioren oft sehr bewandert. Essen Sie gemeinsam einen Fisch. Tauschen Sie sich über Fangtechniken, Gewässer und Zubereitungsarten von Fisch aus.
Bonusidee: Eine Männergeschichte
Kennen Sie schon meine Geschichte „Wolfgangs Ersatzteillager“?
Darin geht es um einen Kraftfahrzeug-Mechaniker, der in den Ruhestand kommt.
Zum Leidwesen seiner Frau tüftelt der Rentner in der Wohnung weiter.
Was glauben Sie, was er alles für Ideen hat?
Im Autospiegel neben dem Küchenfenster soll zu sehen sein, wer vor der Türe steht.
Zwei Scheibenwischer am Fenster sorgen für einen klaren Blick.
Und ein paar Autoreifen werden zum Hochbeet im Garten.
Aus was Wolfgang einen Wecker baut, erfahren Sie in meinem Buch „Lachen ist die beste Medizin„.
Nur so viel sei verraten: Der Wecker hupt und leuchtet.
Auch finden Sie zu dieser Geschichte im Buch Ideen zur Beschäftigung für demenzkranke Männer und Frauen – und einen Gesprächsimpuls.
Sowie rund 50 weitere Geschichten zum Vorlesen bei Demenz.
All dies finden Sie in meinem Buch „Lachen ist die beste Medizin.“
Zum Schluss der Beweis – das versprochene zauberhafte Erlebnis:
Männer & Demenz: „Sein liebstes Hobby“ (von Sarah Straub)
Vertraute Gerüche, Lieblingsmusik und andere Dinge können selbst bei Menschen mit weit fortgeschrittener Demenz noch verloren geglaubte Erinnerungen hervorrufen und Wohlfühlmomente generieren, in denen sich die Betroffenen wieder selbst spüren.
Mein Schwiegervater aber war ein „spezieller Typ“ und daher für diese Art von Trigger eher unempfänglich – sein Herz öffneten wir, indem wir ihm sein früheres „Lieblings-Spielzeug“ zeigten: Seinen über alles geliebten Rasenmäher.
Nach seiner Pensionierung verbrachte mein Schwiegervater im Sommer jeden Tag in seinem riesigen Garten und mähte voller Hingabe den Rasen.
Dann erkrankte er an einer Demenz und musste nach und nach alle Tätigkeiten aufgeben, die ihn in seinem Alltag begleiteten.
Über die Jahre wurde er immer passiver und apathischer, sprach nicht mehr und war aufgrund zusätzlicher parkinsonartiger Bewegungsstörungen irgendwann kaum mehr in der Lage, überhaupt noch alleine aufzustehen.
Eines Tages hatten wir seinen Rasenmäher in den Garten geschoben.
Als mein Schwiegervater ihn sah, stand er plötzlich auf (wir wussten gar nicht, dass er dazu noch fähig war!), öffnete die Tür, lief zu seinem Lieblingsgerät und schob ihn auf die Straße.
Er war nicht zu bremsen und schob ihn immer weiter und weiter, 2 Kilometer weit bis zur nächsten Tankstelle.
Dort befüllte er ihn mit Benzin und machte sich dann wieder auf den Rückweg.
Die ganze Familie war damals in heller Aufregung:
Mein Schwiegervater lief mit dem Rasenmäher mitten auf der Hauptstraße und verursachte einen langen Stau.
An der Tankstelle zahlte er nicht und die Betreiber riefen die Polizei.
Das klingt alles ziemlich dramatisch.
Aber eigentlich war es für mich vor allem eins:
Zauberhaft.
Denn sein Rasenmäher erinnerte meinen Schwiegervater an diesem Tag daran, was er früher gerne in seiner Freizeit getan hatte und rief Kräfte in ihm hervor, die wir nicht mehr für möglich gehalten hätten.
Trotz seiner ausgeprägten Parkinsonsymptome lief er an diesem Nachmittag kilometerweit und hatte Handlungsabläufe parat, die längst verloren geglaubt waren.
Für mich war dies der Beweis, dass mein Schwiegervater noch viel mehr Ressourcen hatte, als wir gedacht hatten und es machte mich glücklich, wie zufrieden er an diesem Tag aussah.
Das Erlebnis mit dem Rasenmäher brachte sogar Demenz-Expertin, Autorin und Sängerin Sarah Straub zum Staunen. Sarah Straub10 hat einen Doktortitel in Psychologie. Sie forscht zum Thema Demenz. Falls der Verdacht einer Erkrankung besteht, führt sie Demenz-Abklärungen durch. Sie hat verschiedene Bücher11 geschrieben. Unter anderem „Wie meine Großmutter ihr Ich verlor. Hilfreiches und Wissenswertes für Angehörige“ oder die „Wohlfühlküche bei Demenz“.
Drei Punkte zur Beschäftigung für demenzkranke Männer
Sie wollen diese Tipps umsetzen.
Aber wissen Sie vielleicht nicht, wie Sie das konkret tun können?
3 Schlüssel möchte ich Ihnen mitgeben, damit Sie mit diesen 50 Ideen auch wirklich Opas Augen zum Leuchten bringen können.
- Reden Sie darüber. Gesprächsimpulse zum Thema Alkohol könnte beispielsweise sein: „Waren Sie schon einmal betrunken? Trinken Sie lieber Bier oder Wein? Wo trinken Sie am liebsten Alkohol?“
- Suchen Sie die Schnittmenge zur Biographie Ihres Gegenübers. Für den Skatspieler bringen Sie Spielkarten mit. Den Gartenfreund lassen Sie am Rasenmäher schrauben. Und wer gerne im Wald war, mit dem sortieren Sie Pilze.
- Beziehen Sie die Sinne mit ein. Geben Sie Ihrem Gegenüber einen Schraubenschlüssel in die Hand. Das Fühlen am kalten Material und der metallische Geruch kann Erinnerungen aufschließen.
Haben Sie die Warndreiecke für Männer mit Demenz vermisst?
Sind da nicht viel zu viele Gefahren dabei?
Was kann alles passieren, wenn man mit einem dementen Mann zur Baustelle geht, er eine Axt in der Hand hat oder er aus Versehen einen giftigen und einen ungiftigen Pilz verwechselt?
Beim Schreiben der Ideenliste in der ersten Hälfte dieses Artikels ist mir fast zu jedem Punkt ein Warnhinweis eingefallen:
- „Prüfen Sie, ob sich die Medikamente Ihres Gegenübers mit Alkohol vertragen. Bieten Sie ihm erst ein Bier an, wenn Sie sich vergewissert haben.“
- „Passen Sie bloß auf, dass sich niemand mit der Zange verletzt.“
- „Vorsicht! Nicht, dass sich jemand am Feuer verbrennt.“
Diese ganzen Warndreiecke hätten die Geschwindigkeit auf der Leseautobahn gebremst.
Schließlich sollte es um die Beschäftigung für demenzkranke Männer gehen.
Und nicht, wie man sie ausbremst.
Also habe ich alle Schilder wieder abgebaut.
Denn:
Man kann auch
- mit dem Opa angeln gehen.
- mit Menschen mit Demenz Kerzen anzünden.
- mit dem dementen Schwiegervater Rasen mähen…
… wenn man dabei aufmerksam bleibt.
Denken Sie sich also die Warndreiecke bitte einfach selbst dazu (-:
Und passen bitte auf, dass niemand sich selbst oder andere verletzt.
Bringen Sie Opas Augen zum Leuchten.
Ihr
Uli Zeller
www.zeller-geschichten.de
Lesen Sie hier weiter:
Quellen zu „Beschäftigung für demenzkranke Männer“:
- https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/faktenzentrale/ ↩︎
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/267592/umfrage/risiko-an-alzheimer-zu-erkranken-nach-alter-und-geschlecht/ ↩︎
- https://pianobeat.de/klavier-selber-lernen/ ↩︎
- https://awo-konstanz.de/dienste-und-einrichtungen/pflege-seniorinnen/pflegeheime/pflegeheim-emil-sraega-haus-in-singen/ ↩︎
- www.feuerwehr-tengen.de ↩︎
- https://www.michelsbierreise.de/neu-biertastings ↩︎
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/67024/Klinikalltag-Ueber-die-Kraft-der-Spiegelneuronen ↩︎
- https://www.fuerstenberg.de/ ↩︎
- http://www.mauch-garten.de ↩︎
- https://www.sarah-straub.de ↩︎
- https://www.sarah-straub.de/shop ↩︎
Zauberhafte Momente trotz Demenz
Uli Zeller liefert mit seinem Artikel „Demenzgeschichten“ wundervolle Ideen, die zeigen, wie auch Menschen mit Demenz zum Strahlen gebracht werden können. Drei Learnings habe ich besonders mitgenommen:
Sinne wecken Erinnerungen: Zeller betont, dass vertraute Gerüche, Geräusche oder das Fühlen bestimmter Materialien unglaubliche Erinnerungen auslösen können. Ein Schraubenschlüssel oder der Duft von Wald bringt Männer mit Demenz zurück zu ihren Wurzeln – ein wahrer Schlüssel, um sie emotional zu erreichen.
Biographie als Brücke: Der Autor erinnert uns daran, wie wichtig es ist, biografische Anknüpfungspunkte zu finden. Ob alte Handwerkszeuge oder die Erinnerung an Fußballspiele – Zeller zeigt auf, dass durch gezielte Fragen und Aktivitäten alte Leidenschaften wieder lebendig werden können.
Mitmachen statt bloß Zuschauen: Zeller hebt hervor, wie sinnvoll es ist, demenzkranke Männer aktiv einzubeziehen – sei es beim Holzspalten oder Marmelade kochen. Selbst wenn jemand nicht mehr alles selbst machen kann, das bloße Mitwirken oder sogar nur Zuschauen kann bereits Wunder bewirken.
Lieber Uli, vielen Dank für diese tiefgründigen und doch so alltagsnahen Ideen!
Sie öffnen nicht nur den Betroffenen, sondern auch uns Begleitern die Augen für die kleinen, wertvollen Momente, die so viel Freude zurückbringen können.
Diese Inspiration ist goldwert!