Wie wird man alt?
Dazu gibt es Bücher und Filme.
In denen auch viele Forscher zu Wort kommen.
Alles hilfreich.
Mein Fokus aber war ein anderer:
Hier kommen nur die 100-Jährigen selbst zu Wort.
Niemand anders.
Mit Antworten auf diese Frage:
„Wie wird man alt?“
Die Idee kam mir so:
Ich habe für unsere Lokalzeitung, den SÜDKURIER,
eine 100-Jährige interviewt.
„Wie wird man alt?“ war dabei nur eine von vielen Fragen.

Leokadia Ritter – so der Name der 100-Jährigen – ist inzwischen verstorben.
Ich habe weitere Zitate gesucht
von Menschen mit 100+ Jahren.
In der Zeitung und im Internet.
Zitate, die direkt oder indirekt auf die Frage antworten:
„Wie wird man alt?“
Mir war wichtig, nicht viel hinein zu interpretieren.
Die Aussagen sollen für sich alleine wirken.
Die Aussagen der Frau, die mich auf diese Idee gebracht hat, finden Sie ganz unten.
Sie hat quasi das Schlusswort.
Lesen Sie in diesem Artikel nun also 100+Zitate.
Und zwar von Menschen, die 100+Jahre alt sind.
Wie antworten diese Menschen auf die Frage „Wie wird man alt?“
Ziehen Sie daraus gern selbst Ihre Schlüsse.
Inhalt: Wie wird man alt?

Mit einem Gedanken auf den Punkt
- Olga Riegger (100),
Seniorchefin der Aubenmühle aus Obereschach (Villingen-Schwenningen),
beantwortet die Frage „Wie wird man alt?“ so:
„Spaß an der Arbeit, Zufriedenheit und Dankbarkeit
sind das Rezept,
um so alt zu werden.“ - Matthias Becker (103)
hat sich seinen Humor immer bewahrt –
trotz teils traumatischer Erlebnisse als Sanitäter im Zweiten Weltkrieg.
Auf die Frage „Wie wird man alt?“
passt die Aussage, dass er sich gern bewegt hat:
„In meiner Jugend war ich im Wanderkreis,
und wir waren auch viel im Rhein schwimmen.
Immer.
Außer im Winter, da war es mir zu kalt.“ - Anna Bucher (108),
geboren in Eisenfurt,
war zunächst als Dienstmädchen tätig:
„Man ist doch nicht lebendig,
um rumzusitzen und Däumchen zu drehen.
Das Leben ist nur schön,
wenn darin auch etwas passiert.
Und das müssen auch gar nicht immer so große Sachen sein;
die Kleinigkeiten können auch etwas bewirken und sehr schön sein.“ - Edeltraud (Traute) und Peter Raspe
sind mit 95 Jahren zum Zeitpunkt des Interviews eigentlich noch zu jung für diesen Beitrag.
Weil sie auf fast 79 gemeinsame Jahre zurückblicken konnten,
wurden sie hier aber doch aufgenommen.
Sie bezeichnen es als größtes Glück,
„wenn wir uns abends bei den Händen fassen und sagen:
‚Wie gut, dass wir uns haben‘.
Und wer kann das schon mit 95?“ - Helga Rode (100):
Die gebürtige Berlinerin muss im Zweiten Weltkrieg aus Ostpreußen fliehen.
In Hamburg baut sie sich mit ihrem Mann eine neue Existenz auf.
Zurückblickend sagt sie,
dass „das Leben mich immer geschoben hat,
und dabei war sehr viel Glück dabei.“
Noch im Alter ist sie ruhelos,
trifft schnell Entscheidungen,
will nirgends bleiben.
Denn schnell sein war wichtig auf der Flucht und hat sie geprägt. - Eva Schneider (100) aus Amberg
hat auch in ihrem hohen Alter einen Wunsch für die Zukunft:
Dass es nie wieder Krieg gibt.
Sie ist in der Slowakei aufgewachsen.
Sie hat dort Abitur gemacht.
Als nur eine von 8 Frauen.
Bei insgesamt 80 Schülern.
„Es ist so schnell gegangen alles. …
Wenn man so zurück denkt,
vergisst man die schlechten Sachen (oder versucht es wenigstens).
Und die guten Sachen behält man.
Und dann denkt man:
Eigentlich war das Leben nicht so schlecht.“ - Komponist Elliot Carter (100), New York:‘
„Ich will einfach nur jedes Stück beenden, das ich anfange.“ - Helen (Happy) Kahn, New York (108):
„Ich habe 80 Jahre lang geraucht, warum auch nicht.“ - Irving Kahn, ihr jüngerer Bruder (104), sagt:
„Man muss viele Interessen haben und Dinge lernen,
die man noch nicht kann –
das hält jung.“ - Der noch jüngere Bruder Peter Kahn (100) äußert:
„Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, warum ich so alt geworden bin.“ - Leopold Kuchlawek, Berlin, ist mit 100 Jahren noch als Schwimmlehrer aktiv.
Der Gutachter kam, um seinen Antrag auf eine Pflegestufe zu prüfen.
Er kam einen Tag zu früh.
Fand Kuchlawek, damals 98 Jahre alt:
Auf einer Leiter.
In der Krone eines Apfelbaums.
Mit einer Kettensäge in der Hand.
Kuchlawek dazu: „Ich schaffe halt gerne.“ - Elisabeth Samson (100), Seychellen betont, sie habe immer viel gearbeitet und Gott um ein langes Leben gebeten: „Gott entscheidet, wie lange wir leben.“
- Andrine Reddy (100), Seychellen: „Dankt Gott. Wenn ich heute ein Stück Brot bekomme, sage ich danke, und wenn ich heute kein Stück Brot bekomme, sage ich auch danke.“
Mit halber Tablette
Anna Possi war mit 100 Jahren als älteste Barista in ihrem Café „Bar Centrale“ in Nebbiuno / Italien engagiert:
- Hochmotiviert für ihre Arbeit hat sie ihren letzten Urlaub in den 1950ern gemacht. Selbst an Samstagen und Sonntagen brüht sie frischen Kaffee auf: „Meine Bar ist für mich so viel mehr als Arbeit. Das ist mein Leben. (…) Die Leute wollen Weihnachten ja auch ihren Kaffee trinken.“
- Wie wird man alt? Über ihre nur 590 Euro Rente pro Monat beschwert sie sich nicht, sondern sagt: «Aber ich brauche nicht viel. Wichtig ist, dass ich unter Menschen bin. Dann geht es mir gut.»
- Eine Tablette gegen Bluthochdruck sollte sie täglich nehmen. Das kommentiert sie so: «Aber ich nehme immer nur eine halbe. Man muss dem Doktor nicht alles glauben.»
- «Früher wollte ich immer noch einmal nach Paris. Aber daraus wird wohl nichts. Nicht schlimm: Die Franzosen können ohnehin keinen Kaffee.»

Mit Soba-Nudeln und Liebe
Fumiko und Genji Kinjo (96 und 98) waren 2025 das älteste berufstätige Paar der Welt in eigenen Restaurant auf der Insel Okinawa in Japan:
- „Jeden Tag Soba-Nudeln zum Mittagessen.“ So habe er sein hohes Alter erreicht.
- „Sich lieben und immer zusammenarbeiten“ sei das Wichtigste, was sie jungen Menschen für ihr Glück weitergeben möchten.
- Und wie wird man alt? „Ein großes Herz zu haben“ sei das Wichtigste, um lange gesund und glücklich zu sein. „Und lächelnd durchs Leben zu gehen.“
Mit Liebe zu Kindern
Gerda Borck (102) überlebt Luftangriffe auf Dresden und ihre Heimatstadt Hagen. Nach dem Krieg zieht ihre Familie nach Bremen. Als sie sich mit dem Holocaust und Auschwitz auseinandersetzt, bricht für sie eine Welt zusammen. Sie widmet sich Kindern, die es schwer haben – und versucht, ihre Schuldgefühle in der eigenen Arbeit zu kompensieren.
- „Ich führe ein doch ganz positives Leben, wenn ich mir das so überlege.“
- „Aus ihrer Sicht müssen Kinder gefördert werden – und will ihnen den „Weg ins normale, nicht ins abnormale Leben zeigen.“
- Über die Zeit, in der sie mit schwierigen Kindern arbeitet, sagt sie: „Es war die schönste Berufszeit, die ich hatte.“
- Doch: „Ohne Arbeit konnte ich nicht.“ Auch nach der Pensionierung sucht sich Gerda Borck neue Aufgaben. Hilft Kindern bei den Hausaufgaben.
- Zum Gendern: „Es darf jeder sein, wie er will. Aber das Gendern finde ich unmöglich“, sagt sie leidenschaftlich. Das sei eine Verhunzung der Sprache – und keine Gleichstellung. „Die geschieht im Leben und nicht in der Sprache.“

Mit harter Arbeit
Johanna Rockstroh (102) hat ihren Mann im Krieg verloren, gehungert, wurde vertrieben und musste neu anfangen. Doch sie blieb optimistisch, bis heute. Sie sagt:
- „Ich war nie eine gnädige Frau, will ich auch nicht sein. Ich habe mein Leben lang gearbeitet.“
- „Das waren 100 Kühe, da mussten wir melken am Morgen.“ … „Bei jedem Wetter sind wir da raus. Und der Winter in Ostpreußen ist lang.“
- Vater legte Wert darauf, dass die Kinder neben der Arbeit auf dem Hof die Hausaufgaben gemacht haben. „Er hat immer gesagt: Ihr lernt für euer Leben.“
- Als sie alleine da stand und für ihre Kinder sorgen musste, hat sie auf einem Bauernhof geholfen – und ließ sich in Naturalien auszahlen. Sie erklärt: „Ich musste niemals betteln. Ich habe immer gearbeitet.“
- „Kriege, Flucht und Vertreibung gibt es immer noch, das ist wirklich schlimm“, sagt sie, die all das selbst erlebt hat. „Und wenn man etwas Glück hatte, dann will man doch helfen.“
Mit Schlaf und Zielen
Elisabeth Becker (101) schwenkte als Mädchen Papierfähnchen zum Geburtstag des Kaisers. Sie bezeichnet sich als „richtiges Düsseldorfer Mädchen.“ Sie sagt:
- Darüber, welche Männer ihr gefallen: „Ich bin zwar schon 101 Jahre alt. Aber Ansprüche – die muss frau sich bewahren können“
- „Ich habe viel erlebt, und alles ist hier drin“, sagt sie und tippt an ihre Schläfe.
- „Mein Leben hatte die bestimmte Würze.“
- „Leider kostete auch das Brot eine Million Mark. Jaja die Inflation. Was waren wir alle reich und doch so bitterarm.“
- „Es gibt nicht automatisch den Partner fürs Leben. Man muss sich anpassen, an sich arbeiten.“
- Und wie wird man alt? „Acht Stunden Schlaf in der Nacht und Ziele, für die man sich recken muss, die man aber doch erreichen kann.“
Mit Tanz und Familie
Hermine Trimde (102) kommt 1941 als Umsiedlerin von Lettland nach Deutschland. In Rostock wird die Schauspielerin sesshaft, macht eine zweite Ausbildung zur Physiotherapeutin und zieht sechs Kinder groß. Hier sind einige Zitate von ihr:
- Schulchor, Tanzschule und Schauspielerei: „Überall, wo was los war, da war ich dabei.“
- Auf ihrem Spiegel standen zwei Motivations-Sprüche: „Was du willst, das kannst du“ und „Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.“
- Ihren Umzug ins Heim hat Hermine Trimde nie bereut: „Man ist in Gesellschaft und das ist ganz, ganz wichtig.“
- Sie unternimmt auch mit über 90 Jahren weiter Reisen, geht in Konzerte und zum Senioren-Tanz. „Das war ja mal meine größte Leidenschaft, das Tanzen.“
- „Das Wichtigste waren immer meine Kinder.“ Auch nach Jahrzehnten pflegen sie engen Kontakt, halten zusammen. Und alle hätten es zu etwas gebracht: „Sie sind mein größter Stolz.“
Mit 4 Brüdern
Martha Vogel (100) aus Sankt Gallen in der Schweiz lebt im Altersheim Wienerberg in Rotmonten. Als Kind war sie gerne in der Natur, und am liebsten spielte sie den ganzen Tag. Sie war nie verheiratet und mochte es nicht, als „Fräulein“ bezeichnet zu werden. Und das sagt sie im Original-Ton:
- „Ich hatte eine schöne Kindheit.“
- „Ich war oft glücklich.“
- Sie war das einzige Mädchen von fünf Geschwistern. Heisst: „Da haben wir uns manchmal schon gezofft, aber meine Brüder und ich, wir waren uns auch sehr nah.“
Mit Wille und Gebeten
Elisabeth Schmauch (103) war oft krank, und ihr künstlerisches Talent wurde lange nicht entdeckt. Sie sagt:
- „Die Schmauch ist ein Stehaufmännchen, haben die Leute immer gesagt, bis heute“, lächelt sie stolz und fügt hinzu: „Mit Willen ist alles zu erreichen.“
- „Ich habe viel gebetet, dass alle am Leben bleiben“, sagt sie.
- „Wir haben auf vieles verzichtet, mein Mann und ich, aber niemals auf unsere Urlaubsreisen.“
- „Ich sollte nicht arbeiten gehen. Mein Mann hatte es zu Hause gerne parat. Dafür war ich zuständig. Wir waren beide ein bisschen pingelig und eigen. Mittags brachte ich ihm dann das Essen in die Druckerei, die nur wenig entfernt von unserem Wohnsitz war.“
- „Hätte ich den lieben Gott nicht immer bei mir gehabt, ich hätte manches nicht überwunden.“
Mit mehr Liebe – und weniger Fleisch
Elfriede „Elli“ Zakrynski (102) verließ mit 13 die Schule. Um Geld zu verdienen arbeitete sie als Konditoreiverkäuferin. Ihr Mann fiel im Krieg. Sie heiratete noch einmal. Sie reiste gerne. Und hatte einen Sohn. Im Rückblick erklärt sie:
- „Manchmal sagt man auch einmal ein falsches Wort oder einen falschen Satz, weil man wütend ist oder verletzt oder einfach, weil man recht haben will. Das kommt ja vor, wir sind ja alle nur Menschen. Wichtig ist, dass man hinterher den Kopf unter den Arm nehmen kann und um Entschuldigung bitten kann.“
- „Wir müssen mehr Liebe in diese Welt, unter die Leute, in die Gesellschaft bringen. Der Sinn des Lebens ist die Liebe.“
- „Esst weniger Fleisch! Oder gar keins, wenn ihr ohne leben könnt. Oder versucht wenigstens den Fleischverzehr ganz deutlich zu reduzieren. Die Massentierhaltung muss aufhören.“

Mit Arbeiten und Anpacken
Wilhelm Schniedering (100) hat schon als Kind hart gearbeitet. Krieg und Gefangenschaft übersteht er mit „heiler Haut“:
- „Vom Arbeiten geht keiner tot.“
- Fazit nach dem Krieg: „Wenn man mit einigermaßen heiler Haut da rausgekommen ist, muss man zufrieden sein.“
- Schon mit 12 Jahren hilft er im elterlichen Betrieb bei der Kartoffelernte mit: „Wir wurden voll eingespannt.“
Mit Zigaretten und fettigem Essen
Gertrud Siegmund (100) war 17, als sie anfing zu rauchen. Erst mit 91 hörte sie auf. Sie blickt zurück:
- Es waren eigentlich zwei Leben. Eines vor dem Krieg in Stettin, eines danach in Düsseldorf. Gemeinsam ist beiden: „Ich habe sie in vollen Zügen genossen.“
- Und auch darum verliebte sie sich in ihren Mann: „Er spielte Geige, und das sah richtig schick aus.“
- „Ich lebte sehr intensiv, immer im Hier und Jetzt. Ich wollte viel sehen und erleben und schob selten etwas auf die lange Bank.“
- „Ich machte mir nie viel aus Vorsorge. Ich habe nie Sport getrieben und eigentlich immer fettig gegessen. Ein Wiener Schnitzel, das war mir zu mager. Ich mochte lieber Bauchspeck, der knirscht vor Fett.“
- 20 Jahre als Stenokontoristin bei Daimler-Benz haben Spuren hinterlassen. „Immer tippen und nach links gucken. Jetzt kann ich meinen Kopf nicht mehr so gut bewegen“, sagt sie und lacht trotzdem.
- Und hat sie noch angst davor, noch lange krank zu werden? „Wer 100 ist, der wird nicht mehr Jahre lang krank sein. Das ist ein schönes Gefühl.“
Mit vielen Menschen
Margret Verheyen (100) sagt, was sie am Leben halte, sei die Familie. Und vieles von dem, was sie sagt, hat mit Menschen und Beziehungen zu tun:
- So erinnert sie sich an ihre liebe, aber erschöpfte Mutter: „Sie brachte uns ins Bett. Liebevoll war sie. Und eine starke Frau. Das Geld, das sie heimbrachte, reichte, damit wir satt wurden.“
- Sie betrachtet gern die zwei Dutzend Fotos hinter der Glastür im Schrank. Fotos ihrer Familie, damals und heute. Ihrer Eltern, ihrer drei Kinder, sieben Enkel und neun Urenkel. Und sagt: „Täglich ruft einer an, kommt vorbei oder schreibt eine E-Mail.“
- „Wissen Sie, mit 100 hat man keine Wünsche und keine Träume mehr. Alle meine Freunde und Bekannten sind tot.“
Mit Spaß an der Arbeit
Konstantine Becker (100), gebürtige Kölnerin, hat all ihre Freunde und Verwandten
überlebt. Zu ihrem 100. Geburtstag wollte sie eigentlich weder Kuchen noch Kerzen. Sie sagt:
- Viel gearbeitet habe sie in ihrem Leben. „Ja, eigentlich nur gearbeitet“, sagt sie.
- „Erst im Altenheim habe ich angefangen, Faltencremes zu benutzen. Vorher kam mir das nie in den Sinn. Als ob es jetzt noch was nützt.“
- Mit 12 begann sie zu arbeiten, fasst zusammen: „Mein Opa hatte Krebs, und da fühlte ich mich zu allem verpflichtet.“ Im Hotel des Großvaters war sie dann „Mädchen für alles“.
- Sie blickt auf ihre Hände: „Schauen Sie mal, wie kräftig. Alles von der Arbeit.“ Wenn sie an das große Schlachtfest denkt, wo alle Menschen zusammenkamen und feierten, blitzen ihre Augen. „Ich habe eine Bestellung nach der anderen aufgenommen. Aber es hat Spaß gemacht. Es war so lebendig.“
- So äußert sie sich über ihren Mann: „Oh, er war sehr beliebt. Weil er so fleißig war und still dabei. Und in die Wirtschaft ist er auch nie allein gegangen. Wenn, dann haben wir zusammen ein Glas Bier nach Feierabend getrunken. Mit unseren vielen Freunden.“
- „100 Jahre und ich habe alles gehabt. Einen Kuchen brauche ich da weiß Gott nicht mehr.“
Mit Fleiß und Grinsen
Josef Höing (101) kann sehr hartnäckig sein, wenn er etwas unbedingt will. Er teilt sein Geld mit anderen und lacht gern – vielleicht wirkt er deshalb noch so jung. Im Rückblick berichtet er:
- Wie wird man alt? „Ich bin nur 100 geworden, weil ich jeden Tag Kartoffeln esse!“ Dann lacht er wieder. Und jeder weiß, es können nicht nur die Kartoffeln sein, die ihn noch in diesem Alter so jung wirken lassen.
- Übers Altenheim: „Da bin ich nicht zurechtgekommen“, sagt er und grinst, „der Pfleger hat beim Wecken so geschrien.“ Also ist er zur deutlich jüngeren Hanna gezogen, die er dort kennengelernt hat. Bei ihr und ihren 4 Kindern war er mit 101 der „Opa“.
- Er hat viel gespart, und ist dabei großzügig: „Wenn Sie viel Geld haben und nichts damit anfangen können, müssen Sie etwas abgeben.“ „Wenn man selbst etwas Schlechtes erlebt hat, möchte man Menschen helfen, denen es schlecht geht“, sagt er. 2005 gründete er deshalb die Josef-Höing-Stiftung.
Mit der Natur und ohne Süchte
Hildegard Kinschert (103) aus Berlin war verheiratet und arbeitete als Sachbearbeiterin in verschiedenen Büros. Sie betont:
- „Zu den wichtigsten Dingen zählt natürlich eine stabile Gesundheit und ein robustes Immunsystem zu haben. Ein bisschen Geld ist auch nicht schlecht, damit man nicht darben muss. Aber noch viel wichtiger ist, dass man, wann immer man möchte, in der Natur sein kann. Das ist wichtig sowohl für den Körper als auch für die Seele.“
- „Dass man alles, was man erlebt, auch bewusst erlebt und immer ganz bei dem ist, was man gerade tut. Wenn man immer klar und wach und aufmerksam ist, macht das Leben viel mehr Spaß. Jetzt im Alter erinnert man sich an all die vielen bewussten und intensiven Erfahrungen und trägt einen Schatz in sich, den Schatz der Erinnerungen.“
- „Ich rate alles zu meiden, was abhängig macht. Zigaretten, Alkohol und auch dieses Gift, die Drogen. Am besten alles weglassen.“

Mit Blick nach vorn
Maria Tippkämper blieb selbst zu DDR-Zeiten immer optimistisch. Mit weit über 80 zog sie aus dem Osten Berlins ins Bergische Land. Heute lebt die Tochter eines Lokführers und einer Hausfrau im Bergischen Land bei Köln, in einem Seniorenheim, in das sie erst mit 100 Jahren zog. So blickt sie zurück:
- Gemeinsames Hobby mit ihrem Ehemann Gerhard: „Wandern und bergsteigen, das war das, was wir am liebsten gemacht haben.“
- Gerhard war die Liebe ihres Lebens. „Ich wäre ihm überallhin gefolgt“, sagt sie und war doch ganz froh, dass es nicht die weite Welt wurde, sondern nur Berlin. Sie heirateten am 14. August 1936, während der Olympischen Propagandaspiele.
- Auch hier die Frage: Wie wird man alt? „Mutti hatte immer die große Gabe, alles Schlechte auszublenden und nach vorn zu schauen“, sagt ihre Tochter. Darauf Frau Tippkämper: „Deshalb bin ich so alt geworden.“
- Maria Tippkämper, die Frau, die mit einer fast stoischen Gelassenheit und Zuversicht alt wurde, besteht darauf, dass man sie auf ihrem Rollstuhl alle zwei Wochen zum Friseur schiebt. Zitat: „Man weiß ja nie, was noch kommt. Und deshalb muss ich schick sein.“
Mit Freude, Neugier und Überzeugung
Wilhelm Dodenhoff (99) wurde eingezogen, verlor zwei Brüder im 2. Weltkrieg und wurde verwundet. Er war 28 Jahre lang Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht. Er überlebte zwei Ehefrauen.
- „Ich habe alle mir gestellten Aufgaben immer mit großer Freude erfüllt. Ich bin immer neugierig geblieben. Sehr neugierig – ich wollte immer, und will auch heute noch, wissen, was um mich herum und in der Welt passiert. Gearbeitet habe ich noch bis zum 75. Lebensjahr.“
- „Meine berufliche Tätigkeit war sehr erfüllend. Ich habe einfach gerne gelebt; hatte Freude an der Arbeit wie am Leben im Allgemeinen.“
- Was ist für ihn das Wichtigste im Leben? „Die Kinder auf den Weg bringen und fördern, aber auch andere Menschen. Sie, die Kinder wie auch andere Menschen, für die man Verantwortung trägt, dürfen wir aber nie zu etwas zwingen. Denn es ist wichtig, dass sie überzeugt sind von dem, was sie tun.“
Mit einem starken Rücken
Irmgard Rosenkranz (100) kommt in Pommern als Baroness Gans Edle Herrin zu Putlitz zur Welt. Doch ihr Leben ist alles andere als adelig, sie erlebt im Krieg Flucht und Enteignung und scheut keine harte Arbeit.
- Wie wird man alt? „Immer Arbeiten, viel Lesen, das Gedächtnis mit langen Gedichten trainieren.“
- Abendritual als Kind: „Da kam meine Mutter zu jedem von uns ans Bett, hat mit uns gebetet und uns einen Kuss gegeben.“
- Ehemann Max: „Es ist auf der Stelle die große Liebe, für beide“, erinnert sie sich. Es habe einfach alles gepasst. Und: „Wir waren uns immer treu.“
- Auf dem Bauernhof gibt es immer Arbeit, daher: „Urlaub wird überbewertet.“
- Aber die viele Arbeit tut Irmgard Rosenkranz gut: „Ich hab‘ in meinem Leben nie Rückenschmerzen gehabt.“
- „Ich habe ein interessantes Leben gehabt.“ Aber auch: „Wir hätten die Nazi-Zeit nicht haben dürfen. Was die da alles angerichtet haben. Und im Grunde genommen sind wir ja alle ein bisschen schuldig.“
Mit Gymnastik und Schwimmen
Gerda Piasta (104) verlor als Kind ihren Vater, lernte Schneiderin, betrieb einen eigenen Modesalon. Sie arbeitete bis zu ihrem 70. Lebensjahr – im Ruhestand begann sie zu malen. Ihre Zitate:
- Man muss selber dafür sorgen, dass man glücklich ist. Ich wollte unbedingt Kinder haben, weil ich wusste, dass mich das glücklich machen würde. Obwohl alle mir abgeraten haben mit „Bist du verrückt? Du willst jetzt mitten im Krieg Kinder?“, bin ich in einer der schlimmsten Bombennächte Mutter geworden.
- Das rät sie jungen Menschen: „Sich einen Beruf suchen und finden, der einem Spaß macht; aber auch einmal außerhalb des Berufes für ein bisschen Abwechslung sorgen. Ich habe immer viel Sport getrieben. Gymnastik und auch Schwimmen. Und sucht euch Freunde! Pflegt eure Freundschaften. Ihr müsst euch auch einmal zurücknehmen können und nicht immer recht haben wollen.“
Mit Musik und Dankbarkeit
Magdalena Demarczyk (100) lebt in einem Pflegeheim in Amberg. Und erklärt:
- „Ich liebe Musik.“ Sie kenne noch alle Lieder aus ihrer Kindheit.
- Wie wird man alt? „Beten und Danke sagen. Dann wird man 100 Jahre alt. Oder aber vielleicht auch noch ein bisschen älter. Da wollen wir ja vielleicht noch abwarten.

Mit Grundsätzen
Eckhardt Erbguth (99): Mehrfach entgeht er in seinen 99 Lebensjahren nur knapp dem Tod. Als Soldat gerät er unwissentlich in einen Attentatsversuch auf Hitler. 40 Jahre nach seiner Flucht aus der DDR findet er zurück in Mecklenburg Erfüllung in der Kunst.
- Über seine Kindheit im Forstrevier seines Vaters: „Das war für uns eine herrliche Umgebung. Wir konnten machen, was wir wollten, wir mussten nur zum Essen pünktlich sein.“ Und: „Wir hatten unsere Freiheit. Und das erlebe ich heute noch innerlich.“
- Über eine Kriegsverletzung: „Unter wahnsinnigen Schmerzen habe ich dagegen angearbeitet und ich habe es geschafft.“
- Darüber, dass er es ablehnte, in die SED (Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands) einzutreten: „Ich hätte eine Riesenkarriere machen können, aber nicht um diesen Preis.“
- „Mir ist nichts geschenkt worden. Ich habe hart für alles gearbeitet.“
- Als Rentner tourt er im Wohnwagen durch Europa, fängt an zu malen und mit der Bildhauerei. Dafür besucht er sogar die Kunstakademie. „Ich brauche keine Zeichnung, das ist alles in meinem Kopf.“
- Erbguth ist es wichtig, auch im Alter aktiv zu sein. „Der Mensch muss in Bewegung bleiben, geistig und körperlich.“
- Sein Lebensrückblick: „Ich habe einiges hinter mir, aber wenn ich die Endabrechnung mache, bin ich zufrieden.“
Mit Wohlwollen zum Ehemann
Claudine Melins (103) aus Sardinien erinnert sich an das ruhige Leben in ihrer Kindheit auf der Insel – und wie ihr Bruder in den 1940er-Jahren das erste Auto auf die Insel brachte: Einen Fiat 501. Vieles von dem, was sie sagt hat mit dem Glauben an Gott zu tun, der ihr in ihrem Elternhaus vorgelebt wurde – und mit ihrem inzwischen verstorbenem Ehemann. Den Ehering trägt sie auch mit 103 Jahren noch:
- „Zweifle nie an deinem Glauben.“
- „Du musst otimistisch sein. Und interessiert, also neugierig.“
- „Mach nie etwas, das schlecht für andere Menschen ist, sei ernsthaft.“
- „Kämpf nicht um deinen Ehemann.“
- „Versuch die Fehler und Schwächen der Männer zu verstehen, man kann ja damit fertig werden.“
- „Koch das Gemüse aus deinem eigenen Garten.“
- „Sei ehrlich.“
- „Kämpft nicht um jede Kleinigkeit, seid auch mal gelassen.“
- Als das wahre Geheimnis bezeichnet sie das: „Wenn ihr 100 werden wollt, dann glaubt an Gott. Geht jeden Sonntag in die Kirche.“
Mit Gottvertrauen
Leokadia Ritter (100) aus Tengen im Kreis Konstanz hat mich ja auf die Idee zu diesem Beitrag gebracht. Mehr als die Hälfte ihres Leben hatte sie den Bürgermeister unseres gemeinsamen Wohnortes in der Familie. Zunächst war ihr Ehemann Bürgermeister – später der Schwiegersohn.
Im Zeitungsartikel, den ich über sie geschrieben habe, sagt sie:
- Eine ihrer Schulkolleginnen wurde ebenfalls 100. Leokadia Ritter sagte zu ihr: „Wir können ja ein Klassentreffen machen.“
- Wie wird man so alt? „Das kommt von selber.“ Sie habe nie drüber nachgedacht.
- Über gemeinsames Leben in der Familie: „Wenn man miteinander haust, muss man miteinander zufrieden sein. Wenn man nicht zufrieden ist, ist alles nichts wert.„
- Und wie wird man alt? „Mit Gott fang an. Mit Gott hör auf. Das ist der schönste Lebenslauf“, nennt sie als Lebensmotto.
- Zum technischen Fortschritt: „Am schönsten war, als warmes Wasser aus dem Hahn gekommen ist.“ (Zuvor, das hat sie mir erzählt, habe man zuerst Holz holen, dann Feuer machen und dann das Wasser in Töpfen erhitzen müssen.)

Mit Zufriedenheit und Kreuzworträtseln
Neben dem Interviews für die Zeitung habe ich mit Leokadia Ritter (100) mit einem Glas Sekt angestoßen. Und dabei sagte Leokadia Ritter noch folgendes:
- „Ich habe früher viel auf dem Feld gearbeitet. Dann habe ich keine Bewegung zusätzlich gebraucht. Heute mit 100 mache ich fast immer morgens Gymnastik im Bett.“
- „Das Beste am SÜDKURIER (unsere Lokalzeitung) ist am Samstag eine ganze Seite Kreuzworträtsel. Ich habe noch nicht mal mein Weckle gegessen – und habe schon den Kugelschreiber in der Hand.“
- Und wie wird man alt? „Man muss zufrieden sein mit sich selbst.“
- „Wasser macht weise, fröhlich der Wein, drum trinke sie beide, um beides zu sein.“ (So heißt ein Sprichwort, das sie zitiert hat)
- Und, jetzt noch ein Schnaps oder ein Glas Sekt? „Das erste Glas ist Medizin. Das zweite geht noch. Und mit dem dritten machst du kaputt, was du mit dem ersten gut gemacht hast.“
- „Gesundheit kommt woanders her. Aber zufrieden muss man selber sein. Das wünsch ich dir.“

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Omas Augen zum Leuchten bringen können.
Ihr Uli Zeller
P.S.: Kadi hat mich auf die Idee gebracht, etwas über 100-Jährige zu schreiben. Ich hätte den Beitrag gerne noch fertig geschrieben und sie ihn lesen lassen, so lange sie noch gelebt hat. Habe es aber leider nicht geschafft. Danke an ihre Tochter Cilli und Schwiegersohn Helmut Groß für die Freigabe des Beitrags und die Fotos. Diese Offenheit ist nicht selbstverständlich.
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